Schloss in Sorquitten (Sorkwity)
Wälder, Seen und Ackerflächen prägen die Landschaft in Masuren, im Nordosten Polens. Wir fahren über schmale Alleestraßen, romantisch schön, doch nur weil hier kaum Verkehr auf den Straßen ist, sonst ständen zwischen den dicken, hochgewachsenen, Schatten spendenden Alleebäumen wohl deutlich mehr Holzkreuze. Die Bevölkerung lebt vom Ackerbau und so fahren mehr Traktoren auf den Feldern auf und ab als dass Fabrikarbeiter in die Montagehallen rasen. Doch trotz der riesigen Landflächen sind prunkvolle Schlösser oder Herrenhäuser eine Seltenheit. Eines, leider nicht zu besichtigen, findet man in Sorkwity. Das im englischen Stil erbaute Herrenhaus, von einem Park umgeben, steht malerisch am nördlichen Ende des Lampaschsees. Einen schöneren Flecken Erde hätte man in Masuren kaum finden können.
Schloss in Sorquitten
Die Geschichte des Schlosses ist schnell im Internet recherchiert:
1788 wurde für den damaligen Gutsherrn, Johann Sigismund von Oppeln-Bronikowski, das Schloss erbaut. Kurz später, im Jahre 1804, erwarb der aus Kurland stammende Ernst Friedrich Gottlob von Mirbach den Besitz.
In den Jahren 1850 – 1856 baute Julius von Mirbach-Sorquitten das alte Schloss völlig um. Es entstand das Aussehen im neugotischen Burgenstil, wie man es heute vorfindet. Die Mauern des Schlosses sind seither von Zinnen gekrönt. Neben dem Hauptgebäude steht das so genannte Wagenhaus als separates Gebäude.
Im Ersten Weltkrieg übernachteten am 26. August 1914, dem ersten Tag der Schlacht bei Tannenberg, russische Soldaten im Schloss, das dabei in Brand geriet und in der Nacht vom 27. zum 28. August 1914 mit allem kostbaren Inventar ausbrannte.
Der letzte Besitzer, Julius Ulrich von Mirbach, vermachte den Besitz testamentarisch dem Neffen seiner Frau, dem Freiherrn Bernard von Paleske. Unter dessen Leitung wurde es in den Jahren von 1922 – 1923 originalgetreu wieder aufgebaut.
Nach dem zweiten Weltkrieg
Den zweiten Weltkrieg überstand Schloss Sorquitten unbeschadet, nur die Innenrichtung wurde von der Roten Armee 1945 komplett geplündert.
Nach 1945 wurde das Schloss als Verwaltung und Lager der nun polnischen Gutsverwaltung genutzt und ab 1957 diente es als Erholungsheim der Warschauer Maschinen- und Traktorenfabrik Ursus.
Heute sind Schloss und Park wieder in Privatbesitz. Der Versuch einer Hoteleröffnung im Jahr 2013 scheiterte. Seitdem wirkt das Schloss unbewohnt. Bei unserem Besuch 2017 war der Garten gepflegt und aus einem Schornstein stieg Rauch auf, dennoch war das Zugangstor mit einer Kette verschlossen.
Julius von Mirbach-Sorquitten
Noch kurz ein paar Infos zu Julius von Mirbach-Sorquitten (Freiherr seit 1870, Graf seit 1888),
Julius von Mirbach-Sorquitten gehörte viele Jahre dem Reichstag an.
Er verfasste wirtschaftspolitische Schriften (Steuerrecht), forderte die Verarbeitung der heimischen Erträge von Roggen und Forstwirtschaft vor Ort und setzte sich nach einem katastrophalen Waldsterben durch Fichten- und Kiefernadel fressende Insekten, vehement für eine Aufforstung von Mischwald ein.
Als leidenschaftlicher Jäger gehörte Julius von Mirbach-Sorquitten zu den Gründungsmitgliedern des „Allgemeinen Deutschen Jagdschutzvereins“ (Funktion als Vizepräsident) bis zu seinem Tode im Jahre 1921 an. Zur Bereicherung der Jagd in seinen umfangreichen Wäldern siedelte der Graf um 1890 Kahlwild (weibliches Rotwild), aus dem russischen Hofjagdrevier Spala und einen Hirsch aus dem Potsdamer Tierpark an. Die Bestände gediehen prachtvoll und vielleicht gehen einige der Rehe, die wir in den Wäldern beobachten konnten, auf sein Engagement zurück.