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Simpson Desert - French Linie
Australien

Simpson Desert – French Line – Big Red

Den Stuart Highway verlassen wir beim Roadhouse Kulgera, etwa 270 km südlich von Alice. Unfreundliches Personal im Roadhouse, nur mal so am Rande.
Die staubige, aber gut geglättete Piste bringt uns 140 km später nach Finke, wo wir nochmals unseren Dieseltank bis zum Rand füllen. Die nächste Tankmöglichkeit ist im 175 km entfernten Mont Dare, wo man wegen der weit abgelegenen Lage einen Premium Aufschlag bezahlt. Die Fahrt dorthin ist einfach, fahrtechnisch für Anfänger geeignet und von der Orientierung idiotensicher.

Auf der French Line

Warnschild vor der French Line

Warnschild vor der French Line

Ab hier wird es abenteuerlich, so steht es zumindest in allen australischen Offroad Magazinen. Ungefähr 500 km sind es über die French Line nach Birdsville. Dabei sind etwa 1.100 Sanddünen zu queren, deren Kämme in Nord-Süd-Richung verlaufen, während unsere Piste fast 90° Ost verläuft. Die so genannte French Line wurde 1963 von einer französischen Ölgesellschaft (Total) angelegt, die hier nach dem begehrten Rohstoff suchte und mit ihren seismografischen Messfahrzeugen irgendwie in die Wüste vordringen musste. 45 Mann arbeiteten 3 Monate an der Piste.

Die Warnungen der Australier schlagen wir in den Wind, da sie so albern klingen, dass man sie nicht ernst nehmen kann: „Ihr braucht unbedingt eine Seilwinde und starke Zusatzscheinwerfer. Und fahrt in jedem Fall im Konvoi, sucht euch eine Gruppe, der ihr euch anschließen könnt.“
Seilwinde ist Quatsch, genau so wie die Zusatzscheinwerfer. Konvoi Fahren reduziert zwar das Risiko, wir fahren jedoch grundsätzlich lieber allein. Zumal es kurz vor Ostern ist und dann jeden Tag mehrere Konvois irgendwelcher Offroad Clubs die Simpson Desert durchqueren. Im Falle eines Falles braucht man nur genügend Wasser und bei seinem Fahrzeug auf Ostern warten.

In Australien gilt die Durchquerung der Simpson Desert als einer der größten Abenteuer, einige behaupten sogar, es sei die schwierigste Wüstendurchquerung der Welt. Jedoch haben die, die das behaupten, andere Wüsten in der Welt noch nicht gesehen.
Bis Dalhausie Springs fahren wir auf einer zweispurigen Wellblechpiste. Die warmen Quellen füllen einen See, herrlich zum Baden und herrlich warm, eher schon zu warm als zu kalt.
Die Orientierung ist was für fünfjährige, es gibt nur die eine gut zu erkennende Piste, man könnte sie in einer Vollmondnacht ohne Licht fahren. Zudem stehen in regelmäßigem Abstand Holzschilder mit der Aufschrift „French Line“. So werden jegliche Zweifel ausgeräumt, die sich einschleichen, weil man ja 1.100 Sanddünen zu queren hat und hier alles flach ist.

Unterwegs auf der Frenchline durch die Simpson Desert

Unterwegs auf der Frenchline durch die Simpson Desert

1100 Sanddünen und tropfendes Getriebeöl

Na ja als Düne gilt hier auch ein Sandhügel mit zwei Metern Höhe. Von den 1.100 Dünen nimmt man vielleicht 30 als solche überhaupt nur wahr, alles andere sind Sandbuckel, über die man einfach hinweg fährt. Je weiter wir nach Osten kommen, um so höher werden die Sandhaufen. Unsere West-Ost Fahrtrichtung gilt als die leichtere Variante, da man hier die Dünen auf der harten Seite rauf fährt und im weichen Sand nach unten rollt. Der Unterschied ist jedoch so minimal und der Sand in der Spur verdichtet, dass die Befahrung in Ost-West Richtung auch kein großes Problem darstellen sollte.

Es riecht nach Getriebeöl und beim nächsten Fotostopp muss ich unter dem Toyo nicht lange suchen, um die leckende Stelle zu finden. Der Simmerring an der Verteilergetriebeausgangswelle dichtet nicht mehr. Zum Glück ist es so minimal, dass wir weiterfahren können. Dennoch kontrolliere ich die Leckage im Stundentakt. Dummerweise habe ich im Toyo nur Motorenöl und kein Getriebeöl dabei. Der Ölverlust steigt von Stunde zu Stunde bzw. es tropft immer mehr. Notfalls werde ich das Getriebe mit Diesel füllen.
Aber auf der French Line ist man nicht allein. Am nächsten Tag begegnen wir einem Konvoi aus Brisbane und bekommen einen Liter Öl geschenkt. Damit müssten wir bis Birdsville kommen. Richtig nervig waren die Millionen von Fliegen in den Morgen- und Abendstunden. Nicht hunderte, wie in einem Kuhstall, nein, hundert Millionen, die einem sofort in Augen, Nase und Mund fliegen. Verschwindet die Sonne hinter der Erdkrümmung, verschwinden auch die Fliegen und Milliarden von Moskitos umschwirren uns. Ich denke, jeder Abend wird uns ein ¼ Liter Blut gekostet haben.

Feuchte Salzpfanne

In die einzige blöde Situation haben wir uns durch ein Missverständnis selbst hinein manövriert. Im östlichen Teil sind einige Salzpfannen zu queren. Eigentlich ist die Salzkruste so fest, dass man noch nicht einmal seinen Reifenabdruck hinterlässt. Doch dieses Jahr hat es im Norden viel geregnet und in der Simpson sind einige Wolkenbrüche runtergekommen. Die Salzkruste ist dadurch nicht mehr so hart wie sie aussieht, sondern noch viel weicher als man meint.
Machen wir es kurz: Es war eine halbstündige Schlacht im Schlamm. Vor, zurück und wieder vor. Jedes Mal gewinnen wir etwas zwei Meter an Boden. Jedes Mal, wenn ich dachte, so das war’s, jetzt sitzen wir endgültig fest, so fest wie einbetoniert, setzt sich der Toyo doch wieder in Bewegung. Dabei wirft er mit Schlammbrocken um sich, die durchs offene Fenster auf meinem Schoß oder im Gesicht landen. Obwohl ich kein einziges Mal aussteigen und schaufeln muss, sehe ich aus, als hätte ich das Pistenkalb am Strick durch den Sumpf gezerrt.

Salzpfanne auf der French Line

Salzpfanne auf der French Line

Big Red

Als letztes Abenteuer gilt es, hoch auf die Big Red zu fahren, die berühmteste Sanddüne Australiens. In den australischen Reisemagazinen ist wieder ganz schön übertrieben worden, von wegen nur mit Anstrengung, Vollgas und Sandblechen zu schaffen. Der Sand ist so fest, dass man mit einem Pseudogeländewagen mit Niederquerschnittsreifen ohne Luftablassen nach oben käme. Unser Toyo hat nicht das kleinste Problem, auf die Big Red zu kommen. Mit den Bildern wurde in dem Magazin genauso übertrieben. Tief rot wurde die Farbe des Sandes gezeigt. In Wirklichkeit ist der Sand ockerfarben, nur im letzen Sonnenlicht wird er rot. Uns bietet sich aber ein anderer farbenprächtiger Ausblick. Nur alle 30-40 Jahre steht in der Salzpfanne östlich der Big Red Wasser, und die Bäume zeigen frische, grüne Blätter. Wir übernachten auf der Big Red und im letzten Sonnenlicht leuchten die Farben intensiv.

Übernachten auf der Big Red

Übernachten auf der Big Red

 

Vollmond in der Simpson Desert

Vollmond in der Simpson Desert

Morgen ist Vollmond, also bleiben wir auf der Big Red und toppen das perfekte Bild mit dem aufgehenden Mond über dem türkis leuchtenden See. So werden wir am Ende für den Kampf mit den Moskitos mehr als fair entlohnt.

 

 

Das Ziel: Birdsville

Das Ziel: Birdsville

Die letzten 35 km bis Birdsville sind problemlos, feste Piste, die man auch mit einem Opel Astra fahren könnte und spätestens hier liegt das Abenteuer der Simpson Desert Durchquerung hinter uns. Ab Birdsville geht es über geschobene Schotterpiste, später dann auf einer einspurig geteerten Straße nach Osten.

 

Die Australier verstehen Spaß.

Die Australier verstehen Spaß.

In Birdsville gibt es dann auch wieder die australische Grundversorgung mit Diesel und Bier. In der der Tankstelle angegliederten Werkstatt hängt ein schönes Schild, dass man wohl nur im Outback aufhängen kann, wenn man sicher ist, dass der Kunde die nächste Werkstatt nicht erreicht: „Wir sind vielleicht nicht die Besten, aber mit Sicherheit die Teuersten.“
In irgendeiner Schublade findet sich der Simmerring für unsere Getriebewelle, das Auswechseln dauert 20 Minuten und alles zusammen kostet umgerechnet 75 Euro.
Und noch ein schönes Schild hängt in der Werkstatt.

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Ich pass ja auf

Wir sind auf dem Weg zurück in die Zivilisation. Birdsville, der kleine Ort am Rande der Simpson Desert liegt 400 km hinter uns. Je näher wir dem Highway kommen, umso günstiger wird der Diesel. Also tanken wir jedes Mal nur soviel, dass wir die nächst günstigere Tankstelle erreichen und die gibt es hier alle vier bis fünfhundert Kilometer. Wieder ein Tankstopp. Der Tankwart, vom Aussehen deutlich über 70, betreibt drei Zapfsäulen und einen kleinen Laden. In Jeans, rotschwarz kariertem Hemd und Strohhut sitzt er in der Sonne auf einer Bank und bewacht aus vier Meter Entfernung seine kleine Existenz. Der Ort ist klein, ein paar Häuser, ein Pub, ein öffentlicher Campingplatz und die Tankstelle mit Laden, in dem es auch heißen Kaffee und Sandwichs zu kaufen gibt.

Ich halte den Rüssel in den Tankstutzen, lasse den Diesel in den Tank rauschen und unterhalte mich mit dem Alten. „Wo kommt ihr her?“ „Heute aus Birdsville.“ „Ward ihr auf der Big Red?“ „Ja, wir sind die French Line von Mont Dare gekommen.“ „Ist das ein Land Cruiser oder ein Patrol?“  Jetzt will er mich verarschen. Mein Blick wendet sich von der Zapfpistole zu dem Idioten, der wahrscheinlich seit Jahrzehnten Autos betankt und einen Toyota nicht von einem Nissan unterscheiden kann. Aber kein Grinsen in seinem Gesicht, die Frage war kein Scherz. Er guckt voller Ernst auf das Zählwerk der Zapfsäule. Aus Respekt vor seinem Alter gebe ich die korrekte Antwort. „Land Cruiser HZJ 78.“ „Ah, der Reihensechszylinder mit 4,2 Liter Hubraum, ohne Turbo.“ Der Alte verarscht mich doch, denke ich mir, kann angeblich keinen Land Cruiser von einem Nissan unterscheiden, aber kennt die verbauten Motorenmodelle.

Das Zählwerk stoppt und reißt mich aus meinen Gedanken. Ich ziehe die Pistole ein Stück zurück und tanke noch bis zum glatten Betrag von 72 Dollar. In der Zeit ist er von seiner Bank aufgestanden und empfängt mich an der Theke hinter der Kasse. Ich lege 102 Dollar auf die Theke. Statt sie zu nehmen, fragt er mich: „Wie viel hast du getankt?“ Der Alte spinnt, was soll die Frage, denke ich mir, antworte aber wahrheitsgemäß: „Für 72 Dollar.“ Er hält die Hand auf, dabei liegt das Geld schon seit einer Weile auf der Theke. Er sieht mich an, ich sehe in seine Augen, zwei Kunstaugen, sehr gut gemacht, er ist völlig blind. Ich nehme das Geld und lege es in seine Hand. „Wie viel ist das?“ „Zwei Fünfziger und eine zwei Dollar Münze.“ Er sortiert das Geld in die Kasse ein und gibt mir 30 Dollar zurück.

Wir übernachten auf dem Campingplatz, kostet nur 5 Dollar, der preiswerteste der ganzen Reise und gehen am nächsten Morgen in seinen kleinen Laden. Sabine legt den Einkauf auf die Theke. „Was habt ihr genommen?“ „Ein Brot, 2 Dosen Cola und einen Mars-Riegel.“ „Normales, oder Kingsize?“ „Kingsize“, sage ich und bin froh, dass er meine dicke Wampe nicht sieht. (Nicht dass ihr glaubt, ich hätte beide Marsriegel alleine gefuttert, den zweiten habe ich mir mit Sabine geteilt.) „Macht 12,80 Dollar.“ Und wieder das gleiche Spiel. Ich lege eine 20 Dollar Note in seine Hand und er fragt mich, wie viel ich ihm gegeben habe und gibt das Wechselgeld passend raus. Zum Schluss frage ich ihn: „Wird hier eigentlich nichts geklaut oder betrogen?“ „Nein, ich pass ja auf.“

Burkhard Koch reiste im Alter von 15 Jahren mit dem Fahrrad und Schlafsack frei durch Deutschland. Die Reiseleidenschaft wurde perfektioniert. Heute reist er ständig mit seiner Frau Sabine und einem Allrad-Lkw. Burkhard Koch schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine.

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