Pakistan – Ekelhaft
Ekelhaft
KarakorumAuf dem Rückweg aus dem Karakorum-Gebirge finden wir keinen geeigneten Übernachtungsplatz und stehen auf einer kleinen Wiese dicht an der Straße.
Nachts werde ich durch ein leichtes Schaukeln wach. Jemand steigt auf die Trittstufe unserer Führerhauses. Sofort rast mein Puls und Adrenalin wird frei gesetzt. So sehr ich Spannung mag, aber nicht Nachts um drei.
Zwei Männer schleichen ums Auto und unterhalten sich flüsternd. Ich steige leise aus meinem Bett und bereite mich mit Pfefferspray und handlich kleiner Eisenstange auf die Party vor.
Sachte schiebe ich den Vorhang zwischen Aufbau und Führerhaus beiseite und sehe nach vorne ins dunkel. Vor unserer Kuh steht ein Polizeiwagen mit Standlicht. Die beiden Männer entpuppen sich als Polizisten, die uns wohl entdeckt haben und uns nun bewachen. Ich gehe zurück ins Bett, doch an Schlaf ist nicht zu denken. Die Beiden hören Radio, dazwischen geht lautstark das Funkgerät und Autotüren werden geschlagen weil einer ständig pissen muss.
Sabine ist inzwischen auch wach und wir beschließen Kaffee zu kochen und weiter zu fahren.
Um vier starten wir die kleine Nachtfahrt. Wir kommen gut voran, es ist kein Verkehr unterwegs. Es regnet.
Die Dörfer, in denen tagsüber das bunte Leben stattfindet, scheinen verlassen, nur streunende Hunde laufen durch schlammige Straßen. Alles sieht noch trostloser aus als am Tag.
PickupAm Horizont zieht die Dämmerung auf und die Orte erwachen mit Leben.
Es wird heller, langsam können wir auch Dinge erkennen, die sich außerhalb unseres Scheinwerferlichts befinden.
In den Slums läuft Wasser durch die Papp- und Bretterbuden. Menschen hocken am Straßengraben und verrichten ihre Notdurft. Andere haben in Plastiktüten geschissen und werfen diese im Morgengrauen in den Straßengraben.
Kinder sammeln diese ein und waschen sie aus, um sie wieder an Markthändler zu verkaufen.
Der Regen nimmt zu und die stinkende Brühe aus dem Straßengraben mischt sich mit Altöl der Autowerkstätten und dem Blut frisch geschlachteter Wasserbüffel und Ziegen und fließt direkt über die Straßen und Plätze und verteilt sich im ganzen Ort.
Wir fahren vorbei an Hotels und Restaurants, wobei die Restaurants schäbige Bretterbuden sind und auf Feuer, das in einer Autofelge aus drei Baumstämmen entfacht wurde, Tee, Kaffee und Suppe gekocht oder Brot gebacken wird.
Wir fahren vorbei an der Bretterbude mit dem Namen „Hotel California“, vorbei am „Sweet Dream“ am „Relax“ und am „Connection“. Das „Sunrise“ ist keine Bretterbude, sondern eine rostige Wellblechhütte, bietet sich aber auch als Hotel mit „Fullservice“ an.
Die ersten Gäste kommen zum Frühstück in Badelatschen durch die Gülle gelaufen. Die frisch geschlachteten Tiere hängen am Straßenrand und werden mit der von mir aufgewirbelten Güllegischt eingenebelt, während ich den Spalt meines Seitenfensters schließe, damit auch ja kein Tropfelchen ins Fahrzeuginnere gelangen kann.
„Die bringen sich doch um“, meint Sabine, aber keine Angst, die Bevölkerung verdoppelt sich alle 23 Jahre