Warenkorb

Abzocke in Marokko
Marokko

Abzocke in Marokko – Rauswurf aus dem Teppichladen

Abzocke in Marokko

Abzocke in Marokko

Er posiert schön vor der Kamera, immerhin geht es für den Souvenir- und Teppichladenbesitzer um ein Werbefoto für Facebook und meine Webseite. Der Händler ist freundlich, hat mir eine ordentliche Provision versprochen, wenn ich Kunden zu ihm in den Laden bringe. Ich habe ihm gesagt, dass ich einen Reiseführer schreibe und ihn erwähnen könnte, da leuchten seine Augen. Er arbeitet mit Tourguides zusammen, die geführte Wohnmobiltouren durch Marokko anbieten, denen er im Jahr um die 15.000 Euro Provision zahlt. Er schenkt ein weiteres Glas Tee nach, sein Name soll unbedingt in meinen Reiseführer. „30% gar kein Problem.“
Freundlich ist er und ich bin froh, dass er sich nicht an mich erinnert. Ein Jahr zuvor, fast zur gleichen Zeit, hat er mir die Kamera aus der Hand gerissen, mir Prügel angedroht, wenn ich nicht sofort seinen Laden verlasse. Damals dachte ich mir: „Okay, die Bilder hole ich mir ein anderes Mal.“ Und heute ist der Tag, darum sitze ich hier.

Vor einem Jahr lief die Geschichte so:

Peugot

Vorgetäuschte Panne. So beginnt der Trick.

Wir fahren die Verbindungsstraße von Ouarzazate nach Agdz. Hinter einer Kurve steht ein Peugot mit einer Panne, der Fahrer gestikuliert, dass ich anhalten soll. Ein Tritt auf die Bremse, wenn jemand ernsthaft Hilfe braucht, bin ich der letzte der einfach vorbei fahren würde. Und genau das ist der miese Trick. An dieser Strecke steht eigentlich immer irgendwer und simuliert einen Schaden am Fahrzeug. Wirklich Hilfe ist nicht nötig, es reicht, wenn man der Familie in Agdz eine Nachricht überbringt, das Ali sich etwas verspäten wird. Und zufällig betreibt die Familie einen Teppichladen, in dem man jetzt aus Dankbarkeit zu extrem reduzierten Preisen einkaufen kann.

Der Trick ist uralt, schon 1991 erlebten wir ihn zum ersten Mal an fast der gleichen Stelle.
Es ist nicht so, dass ich etwas gegen überhöhte Preise habe, auch nicht gegen Geschichten und Märchen, die erzählt werden, um den Teppich an den Mann zu bringen, sondern es geht mir um diesen Trick, der die Hilfsbereitschaft gegenüber Menschen in Not ausnutzt. Es ist eine andere Liga als die üblichen Tricks, mit denen man in die Läden gelockt wird.

Da ich den Trick kenne, spiele ich mit und halte an.
Beim Aussteigen werde ich schon auf Deutsch begrüßt:
„Ah, aus Deutschland, ich auch sprechen ein wenig deutsch.“
„Was ist das Problem am Renault? Ich habe Werkzeug dabei.“
„Problem klein, Bremse kaputt.“
„Ich schleppe dich ab.“
„Nein, nein, Kollege schon unterwegs mit Ersatzteil, du nur kleinen Gefallen machen.“
„Okay, was soll ich tun?“
„Familie warten auf mich in Agdz. Ich schreiben Zettel, kommen zwei Stunden später, sonst machen große Sorgen. Du geben Zettel meine Bruder oder meine Vater.“
„Okay. Wie finde ich das in Agdz?“
„Ganz einfach, Vater gehört Drogerie neben Souvenirladen „Maison berbere“ siehst du an Straße großes Schild.“

Kurze Nachricht an den Teppichverkäufer, dient der Zuordnung der Provision an.

Er reißt ein Zettel aus einem Notizbuch und schreibt zwei Zeilen auf Arabisch. Mit diesem machen wir uns auf den Weg nach Agdz. Auf halbem Weg stoppen wir an einem Cafe, trinken einen Minztee und ich lasse mir den Zettel übersetzen. „Da steht nicht viel, das obere kann ich nicht lesen, nur Grüße und sein Name, Ali.“
In Agdz angekommen, halten wir vor dem großen Schild „Maison draa berbere“. Die Drogerie scheint geschlossen, aber aus dem Souvenirladen nähert sich ein Verkäufer in fliegendem Gewand.
„Ich möchte zur Drogerie.“ „Die hat heute geschlossen, ist mein Cousin, worum geht es?“
„Ich habe eine Nachricht zu überbringen.“
„Komm rein, ich rufe mein Cousin, der kommt sofort. Trinkst du einen Tee mit uns?“
Und schwupps sitzen wir im Teppichladen. Ich überreiche den Zettel, der eigentlich nur der Laufzettel ist, um die Provision dem richtigen Schlepper zu zuordnen. Man zeigt sich dankbar, Gott sei Dank ist es nichts ernstes, aber die Nachricht sei wichtig und aus Dank mache er mir einen Sonderpreis auf alles was ich bei ihm kaufe. Und schon werden die ersten Teppiche ausgerollt.

Unfreundlicher Händler in Marokko

Unfreundlich wird der Händler, wenn man seinen Trick durchschaut.

Die Stimmung kippt, als ich nach der Höhe der Provision frage, die er dem Trickser an der Straße zahlen muss und ob es seine Idee war, auf diese Art Touristen in die Bude zu locken.
Schon ist die Teerunde beendet und ich werde hinaus gebeten. „Ich möchte noch ein paar Bilder der Betrüger für Facebook machen.“ Dabei nehme ich den Objektivdeckel von der Kamera und fotografiere. Jetzt wird die Stimmung aggressiv, plötzlich sind 4-5 Männer um mich rum und wollen den Speicherchip. Ich spucke noch einmal vor ihnen auf den Boden, mache noch ein Bild aus der Hüfte und beeile mich, in meinen Truck zu kommen. Abreise.

Also, wenn ihr mal einen Teppich bei einem Trickser kaufen wollt, der aggressiv wird, wenn man ihn durchschaut hat, seid ihr hier genau richtig.
Aber zu seiner Ehrenrettung muss man sagen, die Provisionen, die er eurem  Schlepper zahlt, sind ganz okay.

Abzocke in Marokko

Abzocke in Marokko – Abgekartetes Spiel um Touristen in den Laden zu locken.

Eine Auflistung (fast) aller Tricksereien, Betrügereien und Abzocke in Marokko findest du hier:
https://riads-marrakesch.de/scams-marokko-betrug-abzocke-bezness

 


45 detailliert beschriebene Routen findest du in unserem Offroad Tourenbuch Marokko. Natürlich auch alle mit Tracks, Waypoints und Routen zum Download.

Burkhard Koch reiste im Alter von 15 Jahren mit dem Fahrrad und Schlafsack frei durch Deutschland. Die Reiseleidenschaft wurde perfektioniert. Heute reist er ständig mit seiner Frau Sabine und einem Allrad-Lkw. Burkhard Koch schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine.

This article has 2 comments

  1. Thorsten Kuttig

    hahahaha… Du bist echt genauso drauf, wie ich, der das Ding auch immer bis zum Ende durchzieht 😀
    Tja… die Tricks dieser Menschen sind meist echt clever…(aber selten clever genug;) )
    Da könnt ma auch „hier unten“ dutzende von Geschichten erzählen;)

    Und wenn du mal einen Gastblog von einem benötigst, der haarscharf einem Überfall in Windhoek entkam, melde dich.

    lieben Gruß und stay safe

  2. Karlie

    Danke für Deinen Blog und dem ausführlichst beschrieben Trick.
    Wir sind letzte Woche die gleiche Strecke gefahren und haben so gesehen, dass die Masche immer noch praktiziert wird.
    Der Fahrer des vermeintlichen Pannenfahrzeugs mit weit geöffneter Autotür, sprang auf die Fahrbahn und hätte so beinahe einen Unfall provoziert, da das hinter uns fahrende Fahrzeug den Mann nicht sehen konnte und uns überholen wollte, gerade in dem Moment als wir dem Mann ausweichen mussten.
    Hätte übel enden können.
    Ein Freund ist gestern die gleiche Strecke gefahren und auch da stand das Fahrzeug mit dem Mann auf der Straße….

    Also – immer aufpassen und erstmal etwas misstrauisch sein!

    Grüße aus Zagora!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert