Türkei
Es fängt gut an. Sabine kauft Pampelmusen, es ist Erntezeit. 1 kg kostet 50 Cent. Ich will gerade den Motor starten, da kommt der Händler noch mal angerannt und schenkt uns eine Tüte mit 4-5 kg der saftig, süßen Früchte.
Am nächsten Tag beim Bauern auf dem Feld, der gemeinsam mit seiner Frau Tomaten erntet, das Gleiche. Wir wollen ihm 2 kg abkaufen. Keine Chance, wir bekommen eine Holzkiste mit 10 kg geschenkt. Ich habe wirklich Mühe, dass er für sich und seine Frau eine Dose Cola annimmt.
Aber jetzt geht es auf direktem Weg nach Osmaniye. Dort wollen wir unseren Deutz TÜV fertig machen lassen. Eine gute Werkstatt kennen wir von unserer Indienreise vor 3 Jahren. Als wir aus Indien zurück kamen, haben wir dort ein paar Kleinigkeiten reparieren lassen.
Bremsenwerkstatt
Heute steht mehr auf dem Programm:
Unser Deutz bremst seit 2 Jahren nicht mehr richtig, Alle Reparaturversuche in Südafrika und Namibia sind gescheitert und auch sonst habe ich in Afrika keine Werkstatt meines Vertrauens finden können. Inzwischen ist es schon gefährlich, mit ihm zu fahren. Die Motorbremse funktioniert auch nicht mehr. Zudem leckt der Motor Öl. Inzwischen auch in einem für mich nicht mehr tolerierbarem Rahmen. Eine Begrenzungsleuchte haben wir uns irgendwo im Busch abgefahren, die Schutzdeckel auf den Luftansaugrohren sind weg und auch der Blinker geht seit zwei Jahren nicht mehr. Zudem muss der Auspuff geschweißt werden. Ach ja, eine Dichtung in der Radnabe leckt Öl, so das Öl von der Radnabe ins Differenzial läuft. Eine Gelenkwelle müsste überholt werden. An einem Tankspannband ist die Verschraubung abgerissen.
Die Freude des Wiedersehens ist groß. Mehmet bestellt erst mal Kebab. Festessen.
Der Arbeitsauftrag lautet:
Alle Bremsen neu belegen, Trommeln ausdrehen, gerissenes Handbremsseil erneuern, Fußplattenbremsventil ausbauen, zerlegen, reinigen, alle Dichtungen neu. Alle vier Radbremszylinder ausbauen und komplett überholen. Radnabe auseinander bauen, Dichtung aus Ankara kommen lassen, einbauen und zusammenbauen. Beide Druckluftzylinder der Motorbremse gegen neue austauschen. Alu-Auspuff schweißen. Beim Motor an drei Zylindern die Stößelstangendichtungen tauschen. An einer Doppelgelenkwelle ein Kardangelenk austauschen, dazu ein neues Kardankreuz mit Lager aus Ankara schicken lassen. Zwei Luftansaugrohrschutzkappen auf dem Schrott besorgen, passend dengeln, sandstrahlen und lackieren. Zum Schluss ein neues Begrenzungslicht und den Blinker reparieren.
Mehmet schaut mich an, er dachte es gäbe Arbeit für den ganzen Tag.
Okay, wir stehen sieben Tage vor seiner Werkstatt, sind eine Mischung aus Freund und Kunde. Richtige Kunden gehen vor und Mehmet ist für seine gute Arbeit bekannt, seine 5 Mechaniker und er selbst arbeiten von morgens 9 Uhr bis Abends 8, mit einer Stunde Pause, also 10 Stunden täglich. Samstag ist normaler Arbeitstag, macht 60 Stunden die Woche. An unserem Deutz wird immer gearbeitet, wenn mal für eine Stunde Luft ist.
Die Rechnung am Ende lautet 630 Euro. Ich überschlage kurz und denke, das muss das Material sein, oder der Arbeitslohn, das ist gegenüber Deutschland ja super günstig. Nein, es ist alles zusammen.
Man kann die Arbeit von Mehmet sicherlich nicht für die ganze Türkei verallgemeinern, aber das was ich in den sieben Tagen gesehen habe war schon beeindruckend. Sachverstand, absolut sauberes Arbeiten an offenen Motor- oder Getriebeteilen. Schnelles Arbeiten, keine Bummelei. Mit der Leistung der Türken kommt in Afrika niemand mit, selbst die eingebildeten Buren in Südafrika spielen eine Liga tiefer.
Kleine Randbemerkung für die Technikfreaks: Die Pneumatikzylinder der Motorbremse sind baugleich mit Zylindern von Mercedes. An der Vorderachse haben wir Bremsbeläge eines Dodge-LKWs eingebaut, diese passen im Radius, sind aber 10 mm breiter, dazu muss dann die Bremstrommel entsprechend ausgedreht werden. Vorteil: Der Deutz bremst dadurch etwas besser als im Originalzustand.
Durch die Türkei
Von Osmaniye geht’s quer durch die Türkei nach Izmir. Überall sind wir beeindruckt von der Gastfreundschaft. Ein paar kleine Beispiele: An den großen Tankstellen zumindest mal bei den Shell-Tankstellen gibt es kostenlose Hotspots und wir können stundenlang auf dem Parkplatz stehen und mit unserem Laptop im Internet surfen. Plötzlich klopft es. Sabine öffnet und der Pächter steht mit einem Tablett und zwei Gläsern Tee vor der Tür.
Als Übernachtungsplätze suchen wir meist Waldstücke oder brach liegende Felder, die von der Hauptverkehrsstraße nicht einzusehen sind. Anderenfalls nervt die Jandarma. Die Türken interessieren sich nicht viel für uns und so sind die Plätze immer recht einsam. Sollte doch mal der Bauer kommen, ist er von meiner Frage, ob es ein Problem wäre, wenn wir die Nacht auf seinem Feld stehen, schon fast beleidigt. Allein das wir denken, wir wären auf seinem Grund nicht willkommen, ist für ihn eine Kränkung. Da graut mir schon vor den deutschen Jagdaufsehern, an dieser Stelle einen Gruß an den Aufseher des Herrn Faber-Castel, die gleich damit drohen den Dackel auf einen zu hetzen.
Wir haben einige Wochen Zeit bis unser Schiff von Cesme nach Ancona fährt. Ein paar Tage wollen wir am Strand verbringen. Einen einsamen Platz kennen wir von früheren Reisen und nach vier Tagen bekommen wir überraschend Besuch: Sigrid und Klaus aus Österreich, die wir vor ein paar Wochen in Aqaba und später noch mal in Damaskus trafen, kommen plötzlich das sandige Wegelchen am Strand entlang.
Die Türkei könnte ein Traumland sein, vorausgesetzt es wäre im Winter etwas wärmer.
Wer lieber an der türkischen Riviera entlangreist, liest mal hier: Reisetraum Alanya