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Schlammloch Kamerun
Fahrerische Missgeschicke

Durch die Schlammhölle in Kamerun

Text und Bilder: Rita & Freddy Reck

Regenzeit in Kamerun, eigentlich wollten wir die Grenze erst nach der Regenzeit passieren, aber dazu blieb uns keine Gelegenheit. In Ghana erfuhren wir von einem bevorstehenden Bürgeraufstand in Nigeria und mussten schnellstmöglich über Togo, Benin und durch den Süden von Nigeria, Kamerun erreichen.

Wir stehen am Grenzübergang bei Otu, der uns an einen Weidezaun im Allgäu erinnert. Das Gebäude neben der Piste war Grenzstation und Wohnhaus in einem. Unser Visum, das wir in Calabar besorgt haben, beschleunigte die Einreise. Reisepass und Carnet wurden abgestempelt und der Eintrag in das Passierbuch folgte. Ein schmaler verschlammter roter Pistenpfad, das war der einzige „Expressway“, der Afrika im Westen von Nord nach Süd verbindet. Wir befinden uns im immergrünen Regenwald, beidseitig unseres Schlammpfades undurchdringlicher Dschungel. Für ein entgegenkommendes Fahrzeug gibt es keine Ausweichmöglichkeit, aber es kommt ja sowieso keiner.

Dschungelpiste in der Regenzeit

Dschungelpiste in der Regenzeit

Im Licht der zuckenden Blitze erkannten wir in der Dämmerung ein riesiges Schlammloch vor uns, etwa 100 Meter lang und 1-2 Meter tiefe Spurrillen, da müssen wir morgen durch. Dann prasselte es los, ein äußerst heftiges Tropengewitter, eingebettet in einer urgewaltigen Szenerie.

Durch den Dschungel in Kamerun

Am frühen Morgen wurde die lehmige Piste zur Rutschpartie. Die Lage ist beklemmend, alles klebt, ich stecke buchstäblich im Schlammassel, fange an zu graben. Mit einigen Hartholzdielen (schwer wie Blei) die im Schlamm steckten, versuchte ich eine Auffahrt zu schaffen, füllte die tiefen Löcher mit Steinen auf. Die Wolken lösten sich teilweise auf und die Sonne ließ sich immer wieder mal kurz sehen. Es ist brütend heiß und die Schwüle drückt den Schweiß literweise durch die Poren.

Bei der ersten Durchfahrt zersplitterte ein Nebelscheinwerfer, die Hinterachse saß auf. Nach dem 3. gescheiterten Versuch nahm ich die schwierigere, glitschige, abfallende Seitenpassage der Piste. Mit einem riskanten Lenkmanöver konnte ich das Fahrzeug vor dem seitlichen Abrutschen und Umkippen bewahren.

Rechts und links nur undurchdringlicher Urwald, weit und breit nur das Grün des Dschungels und vor uns eine tiefe, braune, immer schlammiger werdende Piste, es wird spannend. Es kam, wie wir es schon befürchtet hatten, jetzt ging es erst richtig zur Sache.

Es gießt seit dem frühen Morgen in Strömen, unser Aufbruch verschiebt sich um mehrere Stunden An diesem Tag kamen wir mit Moula Moula (MM) nicht sehr weit, 2 Schlammlöcher haben wir geschafft, auf einer Strecke von etwa 2 Km.

Auch die Filmaufnahmen in diesem Schlammassel haben uns sehr viel Zeit gekostet

Auch die Filmaufnahmen in diesem Schlammassel haben uns sehr viel Zeit gekostet

Schlagseite, Kippen ausgeschlossen…

Schlagseite, Kippen ausgeschlossen…

Die Reifen verformten sich zu riesigen Schlammwalzen, die unser MM mit Allrad und 100% Differenzial-Sperre hervorragend in Bewegung gehalten haben. Die Tiefe der Schlammlöcher fand ich heraus, indem ich sie vor der Durchfahrt durchwatete.

Lehm so schwer wie Blei

Oft wurde die Passage so eng, dass wir nicht mehr durchkamen. Die Einheimischen sahen bei den großen Schlammlöchern eine lukrative Einnahmequelle. Manchmal verlangten sie übertriebene Wegegebühren, oft den Monatslohn eines Arbeiters, wenn sie für 2 Stunden den Spaten schwingen sollten. Verhandlungsgeschick war wieder gefragt, wir hatten keine einheimische Währung, denn auf dieser Strecke gab es keine Bank oder Wechselstube. Wir hatten noch genügend CFA West, der aber im Gegensatz zum CFA Zentral in Kamerun nicht gültig war. Wir nahmen unsere eigene Währung: Fein gewürzte Erdnussflips und Nicki Biscuits, einige Kartons bekamen wir bei einer Übernachtung auf einem Firmengelände geschenkt. Das war jetzt für die Einheimischen ein begehrtes Zahlungsmittel.

Fast durchgehend mussten wir die Fahrspur verbreitern, das ging richtig auf die Knochen. Moula Moula quälte sich von einem Schlammloch ins nächste, es wollte einfach nicht enden. Zum Schaufeln der dicken Lehmmassen hatte ich fast keine Kraft mehr.

Ohne Mithilfe der Einheimischen ging es manchmal kaum mehr weiter

Ohne Mithilfe der Einheimischen ging es manchmal kaum mehr weiter

Wir hätten den unzähligen Jungs, die uns sehr geholfen haben, gerne mehr gegeben aber es ist schlichtweg unmöglich, jedem etwas zu geben. Am Abend waren wir völlig ausgepumpt. Die Stimmung erreichte einen Tiefpunkt. In solchen Situationen ist es nicht immer ganz einfach, die richtigen Worte zu finden, um taktvoll miteinander umzugehen. So schwierig und zeitraubend hatten wir uns die Strecke nicht vorgestellt. Für kaum 80 ! Kilometer haben wir eine ganze Woche gebraucht.

Schlammpiste in der ganze LKW's verschwinden

Schlammpiste in der ganze LKW’s verschwinden

Oft war nicht der Schlamm das Problem, sondern die tief ausgefahrenen Fahrspuren. Versteckter felsiger Untergrund, gemischt mit morastigem, zähflüssigem Schlamm waren die extremsten Gegebenheiten, da half uns nur das zeit- und kräfteraubende Auffüllen der ausgewaschenen Spuren weiter. Manchmal kämpften wir uns Zentimeter um Zentimeter an den beidseitigen Lehmwänden vorbei und dann immer wieder ein kurzer heftiger Regen, jeden Tag. Man kann es sich überhaupt nicht im Entferntesten vorstellen, welche Hauptverbindungsstraße wir von Nigeria nach Kamerun hinter uns gebracht haben.

„Good morning! Ashia!“ So werden wir treffend und sehr freundlich von einem Einheimischen an diesem Morgen begrüßt. (Ashia, sprich; Aschia, heißt so viel wie: Ich leide mit dir!) Es war der Vater eines jungen Mannes, der uns am gestrigen Tag geholfen hatte und wusste wie es uns ergangen ist. Er erzählte uns von einer Mission am Ende des Dorfes in der man auch Deutsch spricht. Gespannt folgten wir seiner Wegbeschreibung.

Was unseren MM angeht, es hat ihn schwer mitgenommen, Rückleuchten gebrochen, Auspuffrohr verbogen und eingerissen, Nebelleuchten Totalschaden, Hochdruckschlauch am Druckluftbehälter eingerissen. MM verlor zu viel Druckluft, die Bremsen öffneten sich nicht mehr. Ich konnte den Hochdruckschlauch wieder mit Angelschnur, Stoff-Fetzen und Pattex flicken, um weiterfahren zu können.

Am Ende der Schlammschlacht erreichten wir die full gospel mission – und das health-center der Stadt Mamfe, wo von Deutschen und Schweizern mit Spendengeldern ein neues Krankenhaus gebaut wurde.

Über uns

Rita und Freddy Reck, mit der Kamera um die Welt

Rita und Freddy Reck, mit der Kamera um die Welt

Rita und Freddy Reck, zwei Menschen, die ihren Lebenstraum in die Tat umsetzten. In acht Jahren reisten sie in ihrem ausgebauten MAN-Truck „Moula Moula“ und mit ihrem Hund Simba durch 56 Länder um die Erde. Auf einer Gesamtstrecke von 240.000 Km schluckte ihr Trucker über 60 000 Liter Diesel, 24 Geländereifen blieben dabei auf der Strecke. Es entstand eine abenteuerliche Filmreportage in mehreren abgeschlossenen Reisefolgen, in der sie von ihren spannenden Erlebnissen, Strapazen und Glücksmomenten auf ihrer außergewöhnlichen Weltreise berichten.

Ihr Lebenstraum Weltreise geht weiter…

Dieses Video: „Durchkommen ist alles“ und weitere Filme und Infos auf: www.Reckfilm.de

Burkhard Koch reiste im Alter von 15 Jahren mit dem Fahrrad und Schlafsack frei durch Deutschland. Die Reiseleidenschaft wurde perfektioniert. Heute reist er ständig mit seiner Frau Sabine und einem Allrad-Lkw. Burkhard Koch schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine.

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