Beadlock – Seilwinde – Ketten
Unsere kleine „Schlammschlacht“ in Russland, hier noch mal der Link zum Text, warf einige Fragen auf.
Bringen Beadlock-Felgen einen Vorteil?
Der Beadlock verhindert das Abrutschen des Reifenwulst vom Felgenhorn und somit das schlagartige Luftentweichen bei schlauchloser Bereifung, wenn man den Reifendruck drastisch senkt. (Schlauch ist keine!!! Alternative.) Ein Abrutschen wäre im aufgeweichten Morast von Permafrostböden deutlich unangenehmer als im Wüstensand. Ein Beadlock macht also Sinn.
Der Nachteil sind die hohen Kosten der Felgen. Zudem sind Beadlock-Felgen nicht für alle Fahrzeugmodelle verfügbar.
Ein weiterer Nachteil gegenüber einer Sprengringfelge ist der zeitliche Mehraufwand bei der Reifenmontage. Nach meiner Erfahrung wird man auf einer ausgedehnten Expedition öfter den Reifen demontieren um ihn zu flicken oder zu reparieren, als dass man den Reifendruck soweit reduzieren muss, dass die Gefahr des Abrutschens vom Felgenhorn besteht.
Findet die Expedition zu einem großen Teil in extrem weichen Sandgebieten statt, erhöht sich der Vorteil des Beadlock natürlich.
Zusammenfassend: Für ausgedehnte Expeditionen in Gebiete mit aufgeweichten Permafrostböden oder in Wüstengebiete mit extrem weichen Sandstrecken oder schwierig zu querenden Dünenfelder machen Beadlock-Felgen Sinn.
Für eine „normale“ Weltreise würde ich eine Sprengringfelge wählen.
Kurzer Exkurs zu Beadlock
Der Innendruck eines aufgepumpten Reifens drückt den Reifenwulst normalerweise so fest auf das Felgenhorn, dass eine stabile Verbindung zwischen Felge und Reifen hergestellt wird. Diese ist erforderlich damit sich z.B. beim Anfahren die Felge nicht im Reifen dreht, sondern der Reifen auf der Straße rollt.
Reduziert man den Reifendruck, wird der Wulst nicht mehr so fest auf das Felgenhorn gedrückt, ein unerwünschter Nebeneffekt des Luftablassens. Das kann zwei ungewollte Reaktionen verursachen:
Zum Einen, dass die Felge sich im Reifen dreht und zum Anderen, dass der Reifen ins Felgenbett rutscht und somit der Reifen schlagartig die Luft verliert.
Um diese Gefahren zu verhindern, kann eine Verbindung des Reifens mit der Felge durch sogenannte Beadlocks hergestellt werden.
Ein Beadlock ist eine mechanische Vorrichtung die verhindert, dass sich der Reifen und die Felge eines Rades gegeneinander verdrehen. Es gibt mehrere Arten von Beadlocks. Bei Allradfahrzeugen wird ein Ring mit mehreren ringsum angeordneten Schrauben verwendet, um den Reifen mit der Felge zu verbinden.
Anbieter von Beadlock-Felgen
Hutchinson ist einer der bekanntesten Hersteller von Beadlock-Felgen. Wer danach googelt findet zahlreiche Händler, insbesondere die für Geländewagen üblichen 15, 16 und 17 Zoll Felgen.
Im LKW Bereich bietet Corint-Reifen ein gutes Sortiment.
Zum Beispiel Beadlockfelgen zweiteilig geschraubt in 10×20 aus Aluminium für alle Lkws mit 10 Loch-Achsen. Passende Reifengrößen hierfür wären z.B. 365/85R20, 395/85R20, 14.00R20, 16.00R20, die man natürlich auch bei Corint-Reifen bekommt.
Beadlockfelgen zweiteilig geschraubt in 11×20 aus Stahl für alle Lkws mit 8 Loch-Achsen. Passende Reifengrößen hierfür wären 335/80R20 und 365/80R20.
Geplant für Ende 2018 sind Beadlockfelgen zweiteilig geschraubt in 10×20 aus Aluminium für alle Lkws mit 8 Loch-Achsen. Das wäre die passende Felge für den Steyr 12m18.
Macht eine Seilwinde Sinn?
Darüber kann man lange streiten. An unserem Magirus Deutz war eine hydraulische Winde mit 5,5 Tonnen Zugkraft eingebaut. Mit 55 Meter langem Stahlseil und 50 Liter Hydrauliköl war ein zusätzliches Gewicht von rund 450 Kilogramm auf der Hinterachse.
In der Praxis habe ich die Winde überwiegend für die Bergung anderer Fahrzeuge gebraucht und ich befürchte, ich selbst habe das ein oder andere Mal festgesteckt wegen der 450 Kilogramm Zusatzgewicht.
Der große Nachteil war jedoch, dass die Winde nur nach vorne ziehen konnte. In der Praxis wird man vielleicht auch zu 60 % nach vorne ziehen, es macht also Sinn, sie vorne zu montieren, aber in 40 % der Fälle ist sie nutzlos. Wenn eine Winde im Fahrzeug eingebaut ist, würde ich diese wahrscheinlich nicht ausbauen, aber nachrüsten würde ich sie auch nicht.
Eventuell könnte man überlegen, eine elektrische Winde mit Kunststoffseil zu montieren und über Umlenkrollen und entsprechender Seillänge die Kraft zu erzeugen. Diese sind deutlich leichter als hydraulische Winden und das Angebot deutlich größer und vielschichtiger.
Eine weitere Überlegung wäre eine mobile oder tragbare Seilwinde. Diese sind relativ leicht, universell einsetzbar und es gibt sie in unterschiedlichen Preisklassen. Wobei auch hier gilt, wenn die Situation eintritt, dass man eine Winch benötigt, dann muss diese auch funktionieren. Bei einigen (Billig-) Produkten habe ich Zweifel. Profigeräte werden in der Forstwirtschaft eingesetzt. Google mal nach „tragbare Forstseilwinde“
Dies wäre mal ein Test in einer der Zeitschriften wie Explorer, 4×4 Action, Overland Journal etc. wert.
Greifzüge sind ebenfalls eine gute Lösung, zumindest für gelegentliches Offroad-fahren und kleiner Fahrzeuge. Sie sind universeller einsetzbar und können mit Umlenkrollen auch hohe Zugkräfte entwickeln, zudem sind sie preiswert.
Aber eines ersetzt die beste Winde nicht, den Ankerpunkt. Und an diesem scheitert oft der Windeneinsatz in Sumpflandschaften. Spätestens wenn man die Taiga in Richtung Norden verlässt und in den baumlosen Ebenen der Tundra unterwegs ist, wird man kaum einen Ankerpunkt finden, an dem man das Seil befestigen könnte, um sich aus dem Schlamm zu ziehen.
Zum Thema „Seilwinde“ gibt es einen hervorragend geschriebenen Artikel bei Matsch&Piste: SEILWINDE
Sollte man Ketten dabei haben?
Ich selbst habe Ketten noch nicht im Schlamm benutzt, aber ich denke das (Schnee-)Ketten einen Traktionsgewinn bringen und sinnvoll sind. Das Gewicht der Ketten und die Kosten im Verhältnis zum Nutzen ist im Vergleich zu Seilwinde oder Beadlook-Felgen relativ niedrig. Zumal kein zusätzlicher Montageaufwand am Fahrzeug erforderlich ist.
Vorteilhaft ist außerdem, dass man das Gewicht nicht ständig mitführen muss. Bei der Konfiguration des Fahrzeuges für die geplante Expedition kann man entscheiden, ob die Ketten an Bord kommen oder in der heimischen Garage bleiben. Nach Sibirien würde ich sie einpacken, für eine Fahrt im Sommer nach Spanien nicht.
Was macht Sinn?
Für Strecken in Morast, Schlamm und Sumpfwiesen, wie sie z.B. in Sibirien vorkommen, würde ich dicke Bretter, Bohlen, Balken etc. mitnehmen. Daraus kann man „Leitern“ und Spurbrücken bauen.
Wichtig ist, Möglichkeiten zu haben, das Fahrzeug anzuheben und die Spurbrücken unterzuschieben. Schaufeln und Graben schwächt nur die schon aufgeweichte Oberfläche und das Fahrzeug sinkt noch tiefer in den Sumpf ein.
Und hier liegt das eigentliche Problem im Sumpf: Wie bekomme ich ein Rad des Fahrzeuges angehoben, ohne dass ich den Wagenheber im Sumpf versenke? Hier helfen nur Bretter, Bohlen Sandbleche etc.
Bevor du viel Geld für Winden, Beadlock und Ketten ausgibst, probiere es erstmal mit einem Brett.
Hallo Burkhard
es gibt noch eine weitere Möglichkeit zu Beadlockfelgen… diese stammt von Hutchinson und sind geteilte Ringe (geschraubt) die in die Reifenkarkasse montiert wird. Prinzipiell ist dann auch eine Montage auf einer herkömmlichen Sprengringfelge möglich in der Praxis unterwegs aber kaum zu bewerkstelligen. Man benötigt viel Druck um den Sprengring zu montieren sprich man benötigt eine Presse. Aus diesem Grund sind die Beadlocks eigentlich nur in Verbindung mit geschraubten Felgen (z.b. die Alufelgen vom Luchspanzer) für den Expeditionseinsatz geeignet.
Aus meiner Sicht ist aber der Hauptnutzen der Beadlocks nicht ein Durchdrehen der Karkasse auf der Felge zu verhindern sondern bei niedrigem Luftdruck das Anpressen an die Felge zu gewährleisten. Wird beispielsweise ein Reifen mit niedrigem Luftdruck bei einer Schrägfahrt am Hang überbelastet so besteht die Gefahr des schlagartigen Luftentweichens und damit verbunden eventuell dem Kippen des Fahrzeugs. Auch hat sich in solchen Fällen in der Praxis gezeigt dass dabei auch gerne der Dichtungsring in der Sprengringfelge beschädigt wird.
Wir fahren daher seit geraumer Zeit mit Beadlocks von Hutchinson und sind bei überwiegendem Einsatz im Sand bei niedrigem Luftdruck sehr zufrieden… übrigens Corint führt auch diese Ringe.
Hinsichtlich Winde kann ich dir zustimmen dass man sie wahrscheinlich mehr für Fremdbergung benötigt. Aber bei einer Eigenbergung könnte man meistens eher einen Anschlagpunkt für die eigene Winde organisieren als ein Fahrzeug das den eigenen Lkw herausziehen kann. Durch jüngste Erlebnisse haben wir feststellen müssen dass wir mit unserem Kat einen anderen umgestürzten Kat im Sand nicht durch Zug aufrichten konnten da einfach die Traktion fehlt. Mit Hilfe der Winde war es kein Problem. Auch nur das ziehen eines gleichschweren Lkws im Sand ist ohne Winde aussichtslos.
Als weiteren Vorteil gegenüber einem Greifzug (der meiner Meinung nach im Lkw-Bereich nicht wirklich zu gebrauchen ist… wer schon mal ernsthaft damit versucht hat einen Lkw zu bergen wird es wissen) sehe ich dass man bei einer Seilwinde parallel zum Zug die Reifen mitdrehen lassen kann… beim Einsatz eines Greifzugs eher schwierig.
Viele Grüße
Jan
Hallo Jan,
Danke für deine Schilderungen und deinen Beitrag. Den Greifzug habe ich auch eher für kleine Fahrzeuge gemeint, es aber in meinem Text nicht erwähnt, danke für den Hinweis.
Freue mich auf ein Treffen und Wiedersehen im Herbst.
Lieben Gruß
Burkhard
Hallo Jan,
ich überlege seit längerem, mir Beadlock-Felgen zuzulegen aus eben den Vorteilen des geringen Luftdruckes (es soll 2022/23 in die Wüste gehen).
Kannst du mir zu der von dir geannten Altenative (?) von Hutchinson weitere Infos geben?
Danke und viele Grüße
Anm.: Wir sind mit einem Defender unterwegs
Servus Burkhard,
zum Heben auf weichem Untergrund taugen auch sehr gut die Hebekissen von Feuerwehr und THW, üblicherweise die Vetter V40 oä. Vorteil: die Dinger kann man idR gut unter das eingesunkene Fahrzeug unter die Achsen schieben und mit der fahrzeugeigenen Luftversorgung aufpumpen. Eine Hubhöhe von ca 40 cm hilft dann gut, um die Reifen wieder frei genug zu bekommen, um Sandbleche, Balken, Steine und anderes ‚Straßenbaumaterial‘ zu verwenden.
Bzgl Seilwinde teile ich deine Ansicht, hab in meinem RW1-Mog das schwere Ding auch ausgebaut und bisher noch nicht vermisst.
Viele Grüße und weiterhin gute Fahrt
Jürgen
Servus Jürgen
Vielen Dank für Deinen wertvollen Hinweis auf die Luftkissen! Gerade im bodenlosen Schlamm scheinen die ideal zu sein. Kannst Du bitte noch kurz schildern wie Du Kissen genau anwendest? Insb. frage ich mich:
– Um Hubhöhe zu gewinnen, positionierst das Kissen vermutlich nicht unter einem der Achsrohre sondern unter dem Differential?
– Schützt Du das Kissen mit einem Brett zwischen Achse und Kissen, oder kannst Du die Achse direkt mit dem Kissen heben ohne daß das Kissen beschädigt wird?
– Lt. Vetter homepage braucht es 8 bar Druck. Kann die Dein Luftkessel liefern?
Danke und Gruß aus München
Clemens
Servus Clemens,
die Kissen positioniere ich unter dem Achsrohr oder unter dem Diff – ist beim Mog aber aussermittig und da kommt dann – je nach Position und Schräglage – noch entsprechend ein Holzklotz drunter. Die Kissen sind schon ordentlich stabil, da braucht es kein Brett. Zum Schutz vor scharfen Kanten hab ich je nach Bedarf noch eine stabile Gummi-Fussmatte greifbar. Dient sonst als Duschmatte für die Aussendusche. Aufblasen tue ich die Hebekissen mit einem einfachen Druckluftschlauch, welcher an meinem Anhängerbremsventil angeschlossen wird – so wie eben der Reifenfüllschlauch. Volle 8 bar brauchen die Kissen zum Heben nicht, sie halten es aber aus. Das Ablassen ist denkbar einfach: Druckluftschlauch abziehen und mit dem Daumen die Luft wieder aus dem Ventil lassen.
Ich hab 2 Kissen, welche ich übereinander lege und mit einem Y-Schlauch verbunden sind
Aber Achtung: wenn das Auto so wie mein Mog recht hochbeinig daher kommt und schon mal schräg steht, kann die Anwendung von Hebekissen eine wacklige Geschichte werden. Also ggf auf die Sicherung von Fahrzeug und sich selber achten….
Viele Grüße
Jürgen
Hallo.
Es gibt in Bergsteigerkreisen den Begriff „toter Mann“. Bitte jetzt nicht falsch denken und den Beifahrer opfern…. 🙂
Dabei gräbt man einen Eispickel in 90º zur zugrichtung etwa einen halben Meter im Schnee ein, und schon hat man einen Fixpunkt in Schnee usw…
Sollte eigentlich mit einem Sandblech und Seilwinde auch funktionieren…
Christian
Hallo,
als „Toter Mann“ kann auch schonmal ein Reverrad hergenommen werden. Oder halt was man sonst so hat oder findet und eingraben kann und stabil befestigen kann.
DiSel
Ich finde den Hinweis aus Holz, Sandbleche, Wagenheber, Schaufel sehr gut und wichtig.
Viele Leute fahren mit Bergematerial für mehrere 1000€ spazieren, haben aber maximal einen Klappspaten und schicke, sichtbar montierte Sandbleche die ja nicht verbiegen dürfen, weil die sonst nicht mehr in den Halter passen 😉
..aber diese Leute kommen wahrscheinlich auch nur aus Versehen in Situationen wo man ernsthaft Bergematerial brauch *duck*