Traktionsketten für Expeditionsfahrzeug
Die Frage, ob wir Traktionsketten für unser Expeditionsmobil dabei haben, kommt nicht oft, aber hin und wieder doch.
Traktionsketten kennt jeder als gewöhnliche Schneeketten. Dabei sind Schneeketten nur eine Untergruppe der Traktionsketten. Den Einsatz von Traktionsketten kann man auf riesigen Muldenkipper in Steinbrüchen, auf Traktoren der Landwirtschaft und fast immer auf den schweren Maschinen im Forst beobachten.
Auch wenn man zunächst bei einem Expeditionsmobil an eine Schneekette für den Wintereinsatz in Norwegen oder Kanada denkt, leisten Traktionsketten ebenso in schwerem Gelände und auf morastigen Pisten gute Dienste. Ketten sind nicht nur für die Ice-Road in Alaska sinnvoll, auch wer in der Regenzeit Dschungelpisten in Afrika befahren möchte oder der BAM in Russland folgen will, dem leisten Ketten nützliche Dienste.
Traktionsketten für Exmos – Bauformen
Ketten gibt es in unterschiedlichen Bauformen. Die häufigsten Bauformen sind Diagonal- oder Rautenketten, Doppelspurketten und Netzketten.
Diagonalketten sind eine recht einfache Bauform, leicht und preiswert. Sie sind für den gelegentlichen Einsatz bei Schnee und Eis für kurze bis mittlere Streckenlängen gedacht. Die Montage ist relativ einfach und geht schnell.
Durch ihre Bauform bieten sie sowohl gute Antriebs- als auch Spureigenschaften.
Im Gelände und auf verschlammten Pisten bringen sie einen spürbaren Traktionsgewinn, sind aber letztendlich doch eher für leichte Offroadanforderungen zu gebrauchen.
Da sie weit verbreitet und einfach aufgebaut sind, gehören sie in die Kategorie der preiswerten Ketten.
Für einen 14.00R20 LKW-Reifen kosten neue Ketten (Paar) um die 500,- Euro und wiegen um die 45 kg.
Doppelspurketten findet man bei Straßenfahrzeugen selten. Wenn überhaupt, dann sieht man sie auf Schneeräumfahrzeugen.
Sie bieten gute Traktionseigenschaften und sind daher oft auf Ackerschlepper und Forstmaschinen montiert. Ihr Gewicht (Lkw), um die 60 kg und ihr Preis von zirka 800,- € ist höher als der der Diagonalketten.
Netzketten sind das non plus ultra der Traktionsketten mit herausragender Antriebs- und Spurleistung. Sie sind die erste Wahl für jeden, der sehr oft in Situationen unterwegs ist, bei denen Ketten erforderlich sind. Daher wird diese Kettenbauform häufig auf Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr oder der Streitkräfte genutzt. Netzketten sind extrem verschleißfest und bruchzäh. Daher haben sie eine lange Lebenszeit und kommen überall dort zur Anwendung, wo permanent mit Ketten gefahren wird, z.B. im Forst oder in Steinbrüchen.
Netzketten sind schwer und teuer. Die Preise für eine LKW-Kette beginnen bei 800,- bis 1.000,-€ pro Paar und das Gewicht kann auch mal 100 kg erreichen.
Zusatzausstattung bei Fahrzeugketten
Um den Grip zu erhöhen sind, insbesondere bei Netzketten die im Forst zum Einsatz kommen, sind Stacheln eingearbeitet. Diese krallen sich in den Morast und geben Vortrieb. Gleichzeitig sind sie aber auch bodenschonend, denn ein durchdrehendes Rad schadet dem Boden deutlich mehr, als ein darüber rollendes Rad. Auch bei Schneeketten gibt es diese Stacheln, die eine verbesserte Traktion auf festgefahrenen oder stark vereisten Fahrbahnen bieten.
Wenn es in extremen Geländesituationen um maximale Traktion und Spursicherheit geht, kommen Netzketten mit Krallen zum Einsatz.
Haben wir Ketten dabei?
Als wir den Deutz anschafften, habe ich mir zwei gebrauchte Bundeswehr-Schneeketten gekauft. Gebrauchte Ketten bekommt man ab 200,- € das Paar. Nach der ersten Reise (Westafrika) habe ich sie verkauft. Sie waren mir zu schwer und raubten zu viel Stauraum. In den folgenden 20 Jahren hätte ich sie vielleicht zwei oder drei Mal gebraucht. In Island haben wir eine Strecke abbrechen müssen (Schnee) und sind diese einige Wochen später gefahren. In Tansania haben wir mal im Regen eine Fahrt auf schlammiger Bergpiste unterbrochen und auf das Abtrocknen der Piste gewartet, die wir vielleicht mit Ketten sofort hätten befahren können.
Unterm Strich waren die unterwegs gemachten Zugeständnisse an die Pisten- und Wetterverhältnisse nicht so gravierend, als das ich dafür Ketten mitnehmen würde. Also auch in der Pistenkuh 3.0, dem Benz, werden wir keine Ketten mitnehmen.
Anders wäre vielleicht die Situation, wenn man im Winter in den Norden reisen möchte oder wenn man einen Lagerraum hätte und sie nicht ständig an Bord haben müsste.
Was gibt es zu beachten?
Bei Fahrzeugen mit ESP oder ASR können Schneeketten unter Umständen nicht ihre volle Wirkung entfalten. Die Fahrhilfen verhindern ein starkes Durchdrehen der Räder und damit das „Eingraben“ der Ketten in den Untergrund. Es kann daher sinnvoll sein, ESP/ASR bei Kettennutzung abzuschalten oder deren Eingriffsschwellen anzuheben.
Die zulässige Höchstgeschwindigkeit für das Fahren mit Ketten ist in vielen Ländern gesetzlich geregelt. So ist die Geschwindigkeit in Deutschland nach § 3 IV StVO auf 50 km/h beschränkt, ebenso in der Schweiz und in Tschechien. In Österreich ist sie nicht geregelt. Möglich sind aber auch Geschwindigkeitsbeschränkungen durch den Kettenhersteller, die unabhängig von den Vorschriften zu beachten sind.
Eine gute Möglichkeit, die Traktion zu erhöhen ist, den Reifenfülldruck zu reduzieren. Dafür ist ein Reifendruckprüfer Voraussetzung. Worauf es bei einem guten Messinstrument ankommt, liest du hier: Reifendruck messen