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Reifendruck bei Offroader
Allrad-Technik und TippsExpeditionsmobile bis 3,5 Tonnen

Der richtige Reifendruck bei Offroader

Dieser Artikel zum richtigen Reifendruck bei Offroader ist geschrieben für Geländewagen bis 3,5 Tonnen zul. Gesamtgewicht. Auf  diese Fahrzeugklasse beziehen sich die Werte in den Tabellen. Grundsätzlich gelten die Aussagen und Fakten für jedes Fahrzeug, nur die Reifenfülldruckangaben weichen ab.

Eine Untersuchung ergab, dass etwa 80% der zufällig gecheckten Fahrzeuge mit falschem Reifendruck unterwegs sind. Davon etwa 25% mit einem zu hohen Fülldruck und mehr als die Hälfte mit zu geringem Reifendruck.

Was sind die Auswirkungen von falschem Reifendruck bei Offroader?

Fahren mit zu hohem Reifenfülldruck

Ein höherer Reifenfülldruck reduziert den Latsch eines Reifens. Als Latsch bezeichnet man die Aufstandsfläche eines Reifens. Bei einem Offroadreifen ist der Latsch bei optimalem Straßenfülldruck in etwa so groß wie die Fläche einer Postkarte. Der Latsch ist entscheidend für die Kraftübertragung zwischen Reifen und Boden. Ein geringerer Latsch verlängert den Bremsweg und erhöht die Gefahr des Über- oder Untersteuerns in schnell gefahrenen Kurven. Das Unfallrisiko steigt. Zudem liegt der Reifen nicht mehr mit gleichmäßigem Druck auf seiner gesamten Breite auf der Fahrbahn, was den Reifenabrieb in der Mitte des Reifens verstärkt. Die Laufleistung des Reifens nimmt folglich ab. 
Ein zu hoher Reifenfülldruck macht den Reifen hart, seine natürliche Federwirkung nimmt ab. Dadurch mindert sich der Fahrkomfort für die Insassen und der Verschleiß an Rad- Fahrwerks- und Lenkungsbauteilen kann sich erhöhen und somit frühzeitige Reparaturen und Kosten verursachen.

Fahren mit zu niedrigem Reifenfülldruck

Fahren mit zu niedrigem Reifenfülldruck hat deutlich schwerwiegendere Auswirkungen, als ein leicht überhöhter Fülldruck.
Das Risiko den Reifen zu beschädigen steigt, der Treibstoffverbrauch steigt und die Laufleistung des Reifens nimmt ab.
Dazu findest man im technischen Handbuch der Continental-Reifen GmbH einen groben Richtwert:
Ein Reifendruck von nur 0,2 bar unter dem optimalen Fülldruck, reduziert die Laufleistung des Reifens bereits um 10% und erhöht den Kraftstoffverbrauch um 1%.
Ein um 0,4 bar zu niedriger Reifenfülldruck reduziert die Laufleistung um 30% und der Verbrauch steigt um 2%.
Bedenkt man die relativ hohen Preise für spezielle Offroad-Reifen, bei denen man sehr schnell im vierstelligen Euro-Bereich für einen Satz Reifen ist, zeigt sich, dass ein regelmäßiger Check des Reifendrucks bares Geld spart.

Der richtige Reifendruck bei Offroader

Der richtige Reifenfülldruck bei Geländewagen ergibt sich aus dem Handbuch des Fahrzeugherstellers, der diesen in Abstimmung mit den Reifenherstellern ausgibt. Doch diese im Handbuch angegebenen Werte beziehen sich auf die serienmäßige Reifengröße bei Auslieferung des Neuwagens. Doch gerade für Offroad-Reisen werden die Reifen/Räder häufig den speziellen Einsatzbedingungen angepasst und andere Dimensionen montiert. Damit ist das Handbuch hinfällig. Zudem gibt das Handbuch nur zwei Zustände an. Leeres Fahrzeug oder voll beladen.
Beim DefenderTD4 110 sieht das so aus:
Reifen: 235/85R16 116Q
Ladung: 2-4Personen, Fülldruck vorne: 2,1 bar hinten 3,3 bar
Ladung: voll beladen, Fülldruck vorne 2,1 bar hinten 4,5 bar

Im ersten Moment scheinen 4,5 bar Fülldruck auf der Hinterachse ein Irrtum, denn ich fahre meinen Defender mit dem halben Druck von 2,25 bar.
Doch ein Blick in die technische Daten zeigt, dass beide Werte stimmen.
Fülldruckwerte beziehen sich IMMER auf den kalten Reifen bei einer Umgebungstemperatur von 20°. 

Reifenfülldruck Offroader

Reifenfülldruck Offroader (Zum besseren lesen die Tabelle in einem neuen Tab öffnen (rechte Maustaste))

Wir haben den Pistenkuh-Defender reisefertig wiegen lassen und haben eine Achslast der Vorderachse von 1140 kg und ein Gewicht von 1360 kg auf der hinteren Achse.
Bei einer Reifengröße von 255/85R16 120Q ergibt sich aus der Tabelle ein Fülldruck von weniger als 2,0 bar an den vorderen Rädern und 2,0 bar an der Hinterachse. Soweit die Theorie. Der Fahrzeughersteller und die Tabelle der Reifenproduzenten berücksichtigen allerdings nicht den Hebeleffekt der Ladung. 100kg im Laderaum wirken auf kurvigen Strecken anders als 100kg auf dem Dachgepäckträger oder das Gewicht aufgesetzter Wohnkabinen bei Pickups. Durch unser Alucab-Dach ist der Schwerpunkt etwas erhöht, daher fahre ich mit 2,1 bar vorne und 2,5 bar hinten. 

Allerdings ist der richtige Reifendruck bei Offroader kein einziger Wert, sondern er ergibt sich in Abhängigkeit von Fahrzeuggewicht (Beladung) und Einsatzbedingung bzw. Untergrund (Asphalt, Fels, Schotter, Wiese, Sand etc.).
Die Reifenfülldrücke unterscheiden sich auch noch zwischen den Reifenherstellern bei gleicher Reifengröße, was genaue Aussagen zum Fülldruck deutlich erschwert.
Leider veröffentlichen nur wenige Reifenhersteller (Continental, Pirelli und Michelin sind hier vorbildlich) entsprechende Tabellen. Selbst Reifenhändler haben sie oft nicht und mich erschrecken Aussagen wie: „Wir orientieren uns an der Michelin-Tabelle“. Es bleibt nur der Weg, seinen Offroader reisefertig zu wiegen (Achslasten) und beim Reifenhersteller nach dem Straßendruck für das Reifenmodell bei dem entsprechendem Gewicht zu fragen. Oder sich doch grob an Michelin zu orientieren. (BFGoodrich ist eine Marke von Michelin). 

Reifendruck bei Offroader checken

Um den richtigen Reifendruck bei Offroader zu kontrollieren gibt es im Handel eine Fülle an Messinstrumenten. Die Preisspanne ist enorm, die günstigen Manometer starten bei 4,95 Euro und die teuersten liegen bei über 200,00 Euro. Instrumente für unter 5 Euro erinnern eher an einen Spielartikel aus dem Kaugummiautomaten für 5-Jährige, Messuhren für über 200,00 Euro finden Verwendung im professionellen Rennsport. Für den Offroad-Reisenden finden sich gute Manometer im Preisfeld zwischen 20 und 60 Euro. Doch auch hier gibt es große Unterschiede.

Die richtige Messuhr für den Reifendruck

Der Trend geht klar zu digitalen Reifendruckmanometern. Diese sind in Zentraleuropa sicher gut geeignet, haben meiner Meinung nach aber auf Fernreisen oder Offroadreisen den Nachteil, dass sie batterieabhängig sind und diese wird man in Entwicklungs- oder Schwellenländern nicht einfach im Supermarkt kaufen können. Für Fernreisen, bei denen man sich auf die Funktionsfähigkeit des Messinstruments verlassen können muss, ist eine klassische Messuhr für den Reifendruck besser geeignet.
Zudem sollte das Instrument für den harten Einsatz konzipiert sein, also auch mal auf den Boden fallen können ohne Schaden zu nehmen. Aber dennoch Vorsicht, es ist ein präzises Messinstrument und kein Hammer. Eigentlich werden Messuhren in Schaumstoff gepackt und vor jeglicher Erschütterung fern gehalten.
Gute Messuhren erkennt man daran, dass sie eine Genauigkeitsangabe aufweisen, die in der Uhr aufgedruckt ist, wie auf dem Bild links zu sehen.
Die Genauigkeitsklasse ist in einer DIN geregelt.
KL 1.0 bedeutet, dass die Messuhr maximal eine Abweichung von 1% vom Skalenendwert hat.
Diese hohe Präzision findet man nur bei Metallgehäusen. 
Bei Kunststoffgehäusen liegt die Genauigkeit zwischen 2,5 % und 4,5%, wohingegen sie bei Chrom- oder Edelstahlgeräten bei 1,6 % oder 1,0 % liegt.
Was bedeutet dies angewendet? Bei einem Messbereich von 0 bis 10 bar und einer Genauigkeitsklasse von 1,0 % liegt die zulässige Abweichung also bei 0,1 bar über den gesamten Messbereich.
Bei Messuhren, die keine Angabe im Ziffernblatt haben, ist die Abweichung in der Regel größer +/- 4,5%.

Reifendruck bei Offroader

Messuhr für Reifendruck bei Offroader

Da die Messgenauigkeit sich immer auf den Skalenendwert bezieht, ist es ratsam eine Uhr zu wählen, deren maximaler Skalenwert in etwa beim maximalen Reifendruck liegt. Heißt, für einen Pkw oder Geländewagen wählt man eine andere Uhr als für einen LKW.
Sehr gute Messuhren produziert die Firma Flaig in Süddeutschland. Metallgehäuse, Klasse 1,0, und mit verschiedenen Mundstücken. Ich habe diese Uhren in unseren Shop aufgenommen. Hier kannst du die Uhr nach Skalenwert (4,0 oder 10,0) mit unterschiedlichen Mundstücken und mit oder ohne Ablassfunktion für deine Bedürfnisse konfigurieren. Infos Flaig-Uhren

Mit Ablass oder ohne?

Die Ablassfunktion ist zum exakten Druckeinstellen ganz praktisch. Außerhalb Europas, insbesondere im ländlichen Bereich von Entwicklungsländern, findet man an Tankstellen und Reifenflickern selten genaue oder gar geeichte Reifenfüller mit Manometer. In Atar (Provinzhauptstadt in Mauretanien) wird der Reifendruck beim Füllen geschätzt, die Werkstatt verfügt über KEIN funktionierendes Manometer.
Also füllt man an Tankstellen etwas mehr (+0,2bar) Luft ein als man braucht und lässt dann auf den optimalen Druck mit der Ablassfunktion des eigenen Manometers ab. 
Gleiches Vorgehen ist auch beim Füllen mit einem eigenen Kompressor vorteilhaft, denn diese verfügen in der Regel über Manometer der Klasse 4,5 oder schlechter.

Meine Empfehlung

Für Geländewagen und Pkw ist das Flaig-Instrument 4.0 eine sehr gute Wahl.

Für Expeditionsfahrzeuge über 3,5 Tonnen würde ich entweder das Flaig 10.0 wählen oder das etwas preiswertere Instrument, mit einer Uhr von Wika, in der Klasse 1,6. Du findest es hier in unserem Shop: 10bar Reifenfülldruck-Messuhr

 

 

This article has 9 comments

  1. Roger

    Sehr interessant! Wir fahren auf unserem Sprinter 4×4 die BFG AT KO2 in der Dimension 245/75 R 16. In der Tabelle ist der Luftdruck für verschiedene Achslasten ersichtlich. Zusätzlich würde mich auch interessieren, wie stark die Geschwindigkeit reduziert werden sollte, wenn auf Grund des Untergrunds (z.B. Sand) vorübergehend mit weniger Luftdruck, als für die Achslast eigentlich nötig, gefahren wird.

  2. Martina

    Hallo,
    gibt es einen solchen Artikel auch für große Fahrzeuge mit 7,5 Tonnen oder mehr?
    Liebe Grüße und weiterhin gute Reise

  3. Wolfgang

    Hallo B.
    Die Tabellen usw moegen ja alle stimmen: fuer Autobahnbetrieb, den jeder Ingenieur und Entwickler auf dem Schirm hat.
    Kommt es aber zum Off-road fahren gelten normalerweise ganz andere Regeln. Hier in Namibia kannste auf den Schotterstrassen gleich mal 10 bis 20% vom Druck runtermachen, sonst kommst Du ohne Rueckgrat ins Ziel. Bei richtig Duenentrips, extrem weichen Sand, Strandfahrten gleich mal 50% weniger, weil auch die Geschwindigkeit dementsprechend gering.
    Wenn ich die Reifen im dicken Sand bei 1 Bar fahre, brauche ich noch nicht mal den 4×4 – auch hier widerum ist die Reifenbreite von enormer Wichtigkeit.
    Wobei das Umgekehrte fuer sehr steinige Wege ( ich meine damit keine Strassen) auch wieder zutrifft. Weil bei Unterdruck sehr schnell die Flanken was abkriegen ( von Steinen augeschlitzt). Oder hier auf der Farm auch die unendlichen vielen Dornen, die sich liebend gern durch die eher ungeschuetzten und weichen Flanken bohren – bei Unterdruck.

    Fazit: bei Autobahn nach Werkstatt, bei ordentlichen Abenteuer mal die Locals fragen, die haben immer noch die langjaehrigen Erfahrungen… aber wem erzaehl ich das?

    Es jedem Recht zu machen – unmoeglich!
    Gruss WT

    Leider auch hier wird das Gummi von den dicken Angeberlatschen zu 99% auf dem Asphalt abgerieben ohne die Arbeit zu verrichten, fuer die sie gemacht sind.

    • Petrec

      Schöner AArtikel! Nicht einbezogen wurde zB. die verbaute Federung, die Art der Reifen (Gummimischung, Schichten der Karkasse), Felgengrösse und entsprechender Reifenmasse, Bedlock blablabla), Einstellung der Vorspur. Usw., um ehrlich zu sein, ich habe bei dem Artikel etwas in mich hineingeschmunzelt…aber , jeder welchem Druck er standhält. ;-))

      Herzlichste Ostergrüsse

      • Burkhard Koch

        Ist doch alles berücksichtigt. Du ermittelst die Achslasten und schaust in der Tabelle deines Reifenherstellers bei deiner Reifengröße mit dem entsprechenden Last- und Geschwindigkeitsindex.
        Aber dennoch ein schöner Kommentar, über den wohl viele Lachen werden.

  4. Roli

    Ein guter Bericht dem, wie Burkhard schreibt,
    Noch einige Details folgen werden.
    Danke für den Bericht.
    Wünsche weiterhin gure Reise.
    Roli Vogel

  5. Jochen Lamerz

    Hallo und vielen Dank für den Artikel. Für mich als Anfänger leicht verständlich und gut zu lesen!!!
    Frage: Bei weichem Untergrund machte es Sinn den Druck zu verringern?
    Bei Sand ist es klar aber bei Splitt, Felsen, groben Steine, Schnee, nasses Gras usw. wie sieht es da aus?
    Währe schön wenn du hier mal eine Einschätzung abgeben könntest.

    Danke und weiterhin viel Freude auf Euren Reisen
    Jochen

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