Ihr könnt mich mal
Langsam werde ich zum Experten für Australische Werkstätten.
Die Dichtung am Verteilergetriebe leckt. Nicht viel, es bildet sich kein Tropfen, der auf den Boden fällt, aber unter dem Fahrzeug bildet sich durch den Ölnebel ein Schmierfilm. Die Dichtung hatten wir in Birdsville wechseln lassen. War in 25 Minuten erledigt und kostete mit allen Outback-Aufschlägen 100 Dollar. Toyota in Kalgoorlie baute ein neues Getriebe ein und hatte den Auftrag, das Verteilergetriebe zu checken, neu zu lagern und komplett neu abzudichten. War alles nicht nötig, aber das Ding war ausgebaut und vom Material abgesehen, nicht viel Mehraufwand.
Den verschmierten Fahrzeugboden bemerkte ich, als ich den Land Cruiser im Schlammloch ausgegraben hatte, also 150 Kilometer nach dem Werkstattaufenthalt.
Toyota Werkstatt Esperance:
„Tja, das fällt leider nicht unter die Getriebegarantie. Wahrscheinlich ist es Zufall, dass die Dichtung gerade jetzt anfängt zu lecken. Manchmal gibt es dumme Zufälle, da kann man nichts machen.“ Ich bleibe afrikanisch relaxt. „Was kostet die Reparatur?“ „45 Minuten plus Dichtung, plus Mutter, macht 100 Dollar, wir hätten einen Termin in vier Tagen frei.“ „Vier Tage warten?“ „Sorry, ja, wir sind voll ausgebucht.“ Kannst mich mal.
3.500 Kilometer später in Geralton: Die Dichtung gibt weiter nach, es bildet sich ein Tropfen, aber es gibt immer noch keinen Klecks auf den Boden und der Ölstand ist immer noch maximal. Dennoch, jetzt ist sie fällig, ich will das Ding von der Liste haben.
Erste Werkstatt: O’Brian, 4WD Spezialist:
Von außen ordentliche Werkstatt. Im Büro sitzen vier Angestellte hinter ihrem Monitor, den sie wie ein Schutzschild vor dem Kunden benutzen. Jeder duckt sich weg, der Kunde steht einsam und allein am Tresen. Nichts passiert. Gekünsteltes Räuspern. Vier Augenpaare blicken mich an, das war’s. „Bin ich hier falsch?“, rufe ich in die Runde. Drei Augenpaare blicken auf den Dicken, der sich langsam erhebt und mit einem genervten Blick angeschlürft kommt. „Yes?“ Naja, er ist wenigstens kein Labersack. „Können Sie bitte den Simmerring am Verteilergetriebe wechseln?“ „Nur die Dichtung, sonst nichts?“ „Nur die Dichtung, sonst nichts.“ „Nee, wir sind voll mit Arbeit.“ Leck mich.
Schrottplatz um die Ecke:
Schrottplätze sind selten ordentlich, zumindest nicht in Australien. Aber der hier schießt verdammt dicht auf den Vogel. Sieht aus wie die Filmkulisse einer Messie-Reihe. Im Büro stapelt sich alles, Pizzakartons, Zeitungen, Bananenschalen, zwei Aschenbecher laufen über. Auf dem Boden liegen alte Pommes, einige schon breitgetreten. Der Anblick der Kaffeemaschine und der ständig benutzten, aber nie abgespülten Kaffeetassen führt zu einem Würgereflex. An der Wand ein großer Fleck, der wohl von einer geplatzten Koladose herrührt. „We setting the standard“, steht auf dem verstaubten Schild darüber, das auch ein paar Spritzer der Kola abbekommen hat. „Hier brauche ich gar nicht nach dem Preis zu fragen, dem traue ich nicht zu, dass er sauber und ordentlich arbeitet. Lass uns gehen.“ Leck mich, wird der sich denken.
Toyota Werkstatt:
„Das sind anderthalb Stunden plus Öl, plus Material, macht ungefähr 250 Dollar.“ Ihr könnt mich mal.
Nächste Bude, Ultra Tune:
Uui, dass ist ein schöner Anblick fürs alternde Herrenauge, alles ohne Brille gut zu erkennen, hoher Schuh, kurzer Rock. Die Werkstatt genießt mein Vertrauen, hier lasse ich gerne rumschrauben. „Was kostet das?“ „110 Dollar die Stunde.“ „Ich meine die Reparatur.“ „110 Dollar die Stunde, so lange wie wir brauchen.“ „Wie lange brauchen Sie?“ „Das weiß man im Voraus nie, manchmal geht es schnell, manchmal dauert es länger.“ „Dann kann ich Ihnen auch meine Kreditkarte geben und Sie buchen ab, was sie brauchen.“ „Dann können wir leider nichts für Sie tun.“ Rausschmiss, als hätte ich ihr eine Unterschlagung unterstellt. Die kann mich mal.
AXIS, Auto Service Center:
Saubere Werkstatt, freundliches Personal, die Grundvoraussetzung ist schon mal erfüllt. „Wenn das alles vor sechs Wochen draußen war, ist ja nichts fest gerostet, ja sagen wir mal 120 Dollar komplett.“ „Dann sagen wir mal 100 Dollar ohne Rechnung.“ „Wir nehmen Original Toyota Ersatzteile, die Dichtung kriegen wir als No Name billiger. Ach, okay, 100 Dollar.“ „Mit Original Toyo Dichtung?“ „Ja.“ „Wann?“ „Kommt in drei Tagen um 7:30 Uhr.“ Ich will gerade was sagen, da spüre ich den Händedruck von Sabine, was so viel heißt wie, wir machen das.
Viertel nach sieben stehen wir auf der Matte: Pünktlich um halb öffnet die Werkstatt, Chef, Bürodame und zwei Mechaniker legen los. „Okay, ihr könnt euren Wagen um fünf Uhr heute Nachmittag abholen.“ „Ich habe heute Morgen nicht richtig gefrühstückt, damit der Karren bei Arbeitsbeginn hier steht. Ich warte drei Tage auf einem teuren Campingplatz auf eine Reparatur, die in zwanzig Minuten gemacht ist. Wozu vereinbaren wir einen Termin?“ Ich bin gut in Fahrt, leicht unterzuckert, spüre das Pochen der Halsschlagader und liefere ihm direkt die Antwort: „Damit jeder seine Zeit vernünftig planen kann. Wir machen das jetzt so: Ich gebe zwei Stunden und für jede weitere Stunde, die ich auf den Schlitten warten muss, ziehe ich 20 Dollar von der Rechnung ab.“ „Sorry, sorry, okay, wir fangen sofort an.“ Unser Land Cruiser wird auf die Hebebühne gefahren, hochgehoben und verharrt in dieser Stellung vier ein halb Stunden. Wir sitzen auf einer Mauer mit Blick in die Werkstatt und warten. Einer der Mechaniker arbeitet mit etwa zehn Unterbrechungen am Fahrzeug. „Wie verdient der Geld? Wozu hat der ein Mädel im Büro? Gewinnerzielungsabsicht kann das Finanzamt ihm nicht unterstellen, damit macht sich der Finanzbeamte lächerlich.“ Die Rechnung ist mit 102,95 Dollar korrekt. Eine halbe Stunde Arbeitslohn ist berechnet. Wir verzichten auf die Abzugsdiskussion. Eigentlich müsste man Werbung für ihn machen: Preiswert, gute Arbeit, freundlich, saubere Werkstatt, korrekt. Man muss nur Zeit haben.