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Iran und Arabische Halbinsel

Dubai – Der Scheich im Größenwahn

Endlich raus aus dem Frachthafen, vorbei an den Luxusyachten der Scheichs auf die Autobahn. Dubai ist das Ziel. In den Emiraten sitzt das Geld locker, Porsche Cayenne S, Mercedes G500 AMG sind die Autos, die das Straßenbild beherrschen. Dazwischen Ferraris, Lamborghinis, Dodge Vipers und für die betagteren Herren Rolls Roys, Bentley und Maybachs. Ich frage mich, ob es richtig ist, dass wir hier ohne Versicherung fahren. Im Hafen haben wir kein Büro gefunden.

V8 Bi-Turbo

V8 Bi-Turbo

Achterbahnfahrt in Dubai

Die Verkehrsführung ist ungewohnt und im ersten Moment hat man den Eindruck, die Verkehrsplaner seien etwas zu früh abgebogen. „Gleich verlassen wir die Nebenstraße und fahren auf die Haupttrasse“, prognostiziert Sabine mit Blick auf den Stadtplan. „Aber wir fahren doch schon auf einer Autobahn mit drei Spuren.“ „Das ist hier als kleine Verbindung markiert.“ Kurz darauf mündet die dreispurige Autobahn in eine siebenspurige. „Gleich biegen wir ab Richtung Strand.“ Ich bleibe auf der rechten Spur und merke im letzten Moment, die Beschilderung ist schlecht und klein, dass ich zum Abbiegen einen U-Turn fahren muss, dieser biegt aber auf der linken Spur ab. Okay, auf einer Länge von 300 Meter vollführe ich ein paar Zaubertricks und habe sieben Spuren gequert. Eine Versicherung wäre vielleicht doch ganz gut, falls mal ein Zaubertrick misslingt.

U-Turn und drei Kilometer zurück. Das Abbiegen macht einen extra Weg von sechs Kilometer. In einem weiten Bogen schraubt sich die Fahrbahn über zwei Autobahnen nach Osten. Über uns verläuft noch eine Fahrspur. Es ist wie Achterbahn fahren von Autobahnkreuz zu Autobahnkreuz.
Langsam dämmert mir, warum in Dubai so viel Verkehr herrscht. Die Verkehrsplaner waren wohl nicht angewiesen, ein effizientes System zu planen, sondern möglichst viel Verkehr zu erzeugen damit die breiten Straßen auch gefüllt sind und nicht leer aufgeständert im Wüstensand stehen wie hunderte von Wolkenkratzern.

Phantasia-Land für Große

Der größenwahnsinnige Scheich aus Dubai, Mohammed Bin Rashid Al Maktoum hat irre Ideen und sein Onkel in Abu Dhabi die Petrodollars, um die Fantasien zu finanzieren. (7% der weltweiten Ölvorräte liegen im Scheichtum Abu Dhabi, Dubai selbst hat kein Öl.) Eine Idee war, eine Stadt aus Wolkenkratzern zu bauen, New York, Hongkong, Shanghai und Singapur waren wohl seine Vorbilder. Alles muss gigantisch sein, dann kommen Touristen und bringen die Dollars, die man für den Lebenswandel im Luxus braucht. Phantasia-Land für Große, ist die spontane Überschrift die mir zu Dubai einfällt.

Doch es ist kein Geheimnis mehr, dass viele der Hochhäuser leer stehen. Wer sollte auch in den hunderten von Wolkenkratzern wohnen? Dubai hat nur 2 Mio. Einwohner, wer sollte in den Büros arbeiten, bzw. wie sollen Arbeitsplätze aus dem nichts entstehen? Okay, eine Phantasie war mal, dass man das weltweite Finanzzentrum wird, doch an das Märchen glaubt nur noch Scheich Mohammed Bin Rashid. Wenn schon keine Bankiers und Großkonzerne in seine Hochglanz-Häuserruinen einziehen, sollen es jetzt Touristen sein, die Geld bringen.
Doch von der Profitabilität sind die meisten Luxushotels wie z.B. das Burj al Arab, weit entfernt. Die Fixkosten übersteigen die Einnahmen deutlich und viele Hotels werden nie die Gewinnzone erreichen.
Immobilienmakler versuchen, einzelne Etagen oder auch nur Zimmer als Eigentumswohnungen zu verkaufen, aber das Geschäft geht schlecht. Die Preise sind hoch, überzogen hoch, obwohl die Preise in Dubai 2014 kollabierten und 12,2 % an Wert verloren. In den ersten beiden Quartalen 2015 setzte sich die Entwicklung mit steigendem Tempo fort und nirgends auf der Welt fallen die Preise so dramatisch wie in Dubai.

The Palm

Ein weiteres Beispiel von Größenwahn ist die künstlich aufgeschüttete Palme vor der Küste Dubais. 12 Meter hat man hier erst einmal den Meeresboden anheben müssen, bevor die Palme aufgeschüttet werden konnte. 1600 zusätzliche, künstliche Küstenkilometer entstanden dadurch direkt vor der Stadt. Hunderte Villen wurden gebaut, alle mit eigenem Strand und Bootsanleger.
Schauspieler, Millionäre aus aller Welt, die Prinzen aus Saudi-Arabien sollten die Kundschaft sein. Man konnte sogar ein Schnäppchen machen, in der Bauphase wurde ein Grundstück mit schlüsselfertiger Villa für 500.000 Dollar verkauft. Die Preise verzehnfachten sich innerhalb kürzester Zeit und gingen hoch bis 8 Mio. Dollar. Doch bei der Strandbefestigung der Palme gegen die Meeresbrandung wurde gespart, die Natur holt sich Stück für Stück von ihrem Sand zurück.

Jetzt gilt ein strenges Bootsverbot auf den Wasserarmen der Palme, nicht einmal mit dem Jetski darf gefahren werden, jede Welle muss vermieden werden. Das Wasser zirkuliert nicht richtig, in den Armen bilden sich unschöne Teppiche aus Algen und Schaum. Die Preise für eine Villa mit eigenem Strand und Bootsanleger sind eingebrochen und so manchem Schauspieler ist sein filmreifes Grinsen vergangen.

Sexparty für 100.000 Dollar

Egal, wir wollen nicht investieren, aber mal auf ein Hochhausdach steigen, für ein paar gute Bilder bei Nacht. Zufällig lernen wir am Strand in der Nähe des Burj al Arab jemanden kennen, der im weitesten Sinne mit Immobilien zu tun hat, viele Leute kennt und es uns ermöglicht, auf den Balkon einer Suite zu gehen.

Blick aus dem Hotel

Blick aus einem Hotel in Dubai

Balkon kann man es nicht nennen, das hört sich so eng und klein an. Es ist mehr eine Freifläche im 48. Stock, dazu mehrere Bäder, ein Pool mit Blick über das Lichtermeer Dubais, hohe Decken, dicke Teppiche. Steinmetz- und Tischlerarbeiten mit edelsten Materialien auf höchstem Niveau runden das Ambiente ab. „Die Suite kostet pro Nacht 42.000 US-Dollar.“
„Wer mietet so etwas, oder bin ich zu neugierig?“ „Es gibt viele solcher Luxussuiten hier in Dubai, sie sind am Wochenende oft ausgebucht um hier Partys zu feiern. Die Prinzen aus Saudi-Arabien mögen Dubai, weil es frei ist. Hier gibt es dann Alkohol und Prostituierte aus Russland und Europa. 100.000 Dollar für eine (Sex-)Party mit Freunden am Wochenende ist für die normal.“
Bei so einer Party würde ich ja auch gerne einmal fotografieren, aber jetzt genieße ich erstmal den Ausblick auf Dubai.

Schlaraffenland am Strand

Am Strand haben wir uns fest eingerichtet. Eine Handvoll Traveller steht hier gemeinsam in einer Reihe, genießt das warme Wetter und wartet auf Silvester. Das Warten hier ist angenehm, Achmed und Mubarak sind Einheimische, die wohl keinen Job, aber dafür viel Geld zur Verfügung haben und aus Spaß oder Tradition gerne Reisende einladen.
Drei Wochen geht das jeden Tag so: Achmed zählt mittags kurz durch, wie viele Reisende wohl Hunger haben und bestellt beim Inder riesige Platten mit scharf gewürztem Reis und Hühnchen. Mehr als genug für alle. Abends wiederholt sich das Ganze und der Lieferservice bringt Platten mit Salat, Reis, Fisch und Getränke. Eine Gegeneinladung ist unmöglich und so sind unsere drei Wochen in Dubai die preiswertesten Reisewochen bisher.

Dubai im Größenwahn

Draußen am Rand von Dubai werden Seen angelegt, keine Ahnung warum, vielleicht weil es schön aussieht. Meerwasser wird entsalzt und in die Wüste gepumpt. Bulldozer haben zuvor riesige Senken ausgehoben und eine Hundertschaft Inder und Pakistani haben diese mit Teichfolie ausgelegt.

Seenlandschaft

Künstlich angelegte Seen in der Wüste von Dubai

Für uns ist der Gartenteich des Scheichs ganz angenehm, man kann so dem Trubel in Dubai entkommen. Am Nachmittag stoppt ein weißer AMG Mercedes G500 und der Fahrer fragt kurz, was wir machen. In Deutschland würde ich sagen, es ist der Oberförster und jetzt gibt es Ärger.
„Natürlich könnt ihr hier am Wasser campen, kein Problem.“ Wir laden ihn zum Kaffee ein und es ist das erste Mal, dass ein Emirati unsere Einladung annimmt.

Im Gespräch fragt er, ob wir das Buch „Visionen“ von Scheich Mohammed Bin Raschid Al Maktoum kennen. „Nur die Visionen, die in einem Alptraum endeten“, das verkneife ich mir dann doch. „Nein, das Buch kennen wir nicht.“ „Ich habe eins zu Hause, ich hole das mal.“ Mit Vollgas braust er davon. Eine Stunde später ist er zurück, schenkt uns zwölf vom Büchershop in Geschenkpapier verpackte Bücher. Nicht irgendwelche billigen Taschenbücher, sondern mal gerade den Gegenwert von 300 Dollar.
Und schon ist er wieder weg. Beim Einsteigen sagte er noch, er bringe gegen 19 Uhr eine Kleinigkeit zum Abendessen vorbei. Die Kleinigkeit bestand aus mehreren Platten aus dem Hyatt-Hotel mit Grillspezialitäten, Salaten, Käse, frittierten Hühnchen etc. dazu Servietten, Getränke und Süßigkeiten. Drei Tage waren wir von der Kleinigkeit versorgt.

Porsche fahren?

Zurück am Strand. Ein paar Jungs kicken mit einem Fußball. Zwei Ferraris, ein Mercedes bei dem die Türen nach oben öffnen, ein Porsche 911 GTS und zwei Lambos stehen im Halbkreis um die kleine Gruppe junger Männer. Der Subwoofer im Benz macht einen geilen Sound (würde ich auf jeden Fall bei der Bestellung auf der Zubehörliste ankreuzen) und einer der Jungs fragt: „You like to play with us?“ „Nein, ich kann nicht mitspielen, wenn mein Schuss den Ferrari trifft, bin ich pleite, ich muss erst meine Haftpflichtversicherung fragen, ob ich spielen darf. Ich will auch nur ein Bild vom Porsche machen.“
„Hier, kannst auch mal ne Runde fahren.“ Ein Mann mit schwarzem Vollbart, etwa Mitte zwanzig, wirft mir den Porscheschlüssel zu. „Nein, nein, meine Hose ist schmutzig.“ „Die dreckige Hose ist egal, das ist doch nur eine Maschine.“
Mit Mühe komme ich ums Porsche fahren herum, ohne zugeben zu müssen, dass ich keine 200.000 übrig hätte, wenn ich ihn schrotte. Und wenn, dann will ich die Nadel auch mal am Begrenzer sehen.“

Und das alles ist nur ein Teil vom dem, was in Dubai abgeht. Ich könnte vom Größenwahn ein Buch schreiben. Aber jetzt geht es nach Oman, die sollen wohl etwas geerdeter sein.

Burkhard Koch reiste im Alter von 15 Jahren mit dem Fahrrad und Schlafsack frei durch Deutschland. Die Reiseleidenschaft wurde perfektioniert. Heute reist er ständig mit seiner Frau Sabine und einem Allrad-Lkw. Burkhard Koch schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine.

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