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Landweg nach Indien

Rückreise – Die Geschichte der Kurden

Wieder in Iran

Wir beeilen uns. Sieben Tage ist nicht viel Zeit und wir wollen in Teheran Freunde besuchen. Doch diese sind noch in den Ferien und kommen erst drei Tage später zurück. Schade, aber wir sehen uns im Sommer in Deutschland. Wir freuen uns schon.
Der Iran war wieder beeindruckend, solche ehrliche Gastfreundschaft, solche Großzügigkeit haben wir noch nirgends erlebt. Das Wort „Ausländerfeindlichkeit“ gibt es im iranischen Wortschatz scheinbar nicht.
Wer Zeit hat, sollte unbedingt mal den Iran besuchen, vorausgesetzt er ist kein Brite oder Amerikaner, den die haben, so haben wir in Goa von Briten gehört, ganz andere Erfahrungen mit Iran gemacht. Allerdings hat der Iran in der Geschichte auch mit England andere Erfahrungen als mit Deutschland gemacht.

Türkei

Wir wollen nach Kurdistan, uns mal vor Ort ansehen, wie die Türken mit ihren Landsleuten umgehen. Ist da noch Bürgerkrieg oder nicht? Wir fahren in die Hochburg der PKK nach Hakkari und weiter an der irakischen Grenze entlang.

Zur Geschichte der Kurden

Im Friedensvertrag, den die Alliierten nach dem ersten Weltkrieg 1920 mit der Türkei geschlossen hatten, wurde den Kurden ein unabhängiger Staat zugesichert, wobei diese Zusage jedoch bis heute nicht eingehalten wurde. Von den geschätzten 25 Millionen Kurden zu Beginn der neunziger Jahre leben mehr als die Hälfte in der Türkei, während der andere Teil des kurdischen Volkes sich auf den Iran (rund neun Millionen), Irak (etwa 4,5 Millionen) und auf Syrien (etwa 1,2 Millionen) sowie Armenien und Georgien verteilt. Seit 1925 kämpfen die Kurden in der Türkei sowie im Irak und im Iran um politische Autonomie und Selbstverwaltung – ein zum Teil mit Mitteln der Guerillatechnik und terroristischen Anschlägen geführter Kleinkrieg, der in der Türkei von der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) angeführt wird.
1970 sicherte die irakische Regierung den Kurden nach einem fast achtjährigen Krieg Autonomie im nordöstlichen Irak zu. Die Durchsetzung dieses Versprechens entsprach jedoch nicht den Forderungen der Kurden und so wurde der Bürgerkrieg 1974 wiederaufgenommen. Der Aufstand brach 1975 zusammen, nachdem der Iran im Rahmen des Grenzvertrags mit dem Irak die Hilfe für die Kurden eingestellt hatte. 1988 wurden Tausende von Kurden getötet (einige fielen Giftgasangriffen zum Opfer) und Hunderte von kurdischen Dörfern von irakischen Truppen zerstört, nachdem sich kurdische Kämpfer im 1. Golfkrieg auf die Seite des Iran geschlagen hatten. Im März und April 1991 zerschlug die irakische Regierung unmittelbar nach dem 2. Golfkrieg einen weiteren kurdischen Aufstand. Mehr als eine Million Kurden flohen damals in die Türkei, in den Iran und in die Bergregionen des nördlichen Irak.
Auch in der Türkei wird den Kurden traditionell ihre kulturelle Eigenständigkeit verwehrt – sie gelten im Rahmen der von Kemal Atatürk eingeleiteten Politik der Zwangsassimilierung offiziell als Bergtürken. Das türkische Militär führt seit 1991 einen erbitterten Kampf gegen die PKK, unter dem vor allem die Zivilbevölkerung zu leiden hat. Planmäßig werden dabei kurdische Dörfer zerstört, um „Widerstandsnester” auszuheben. Die türkische Regierung lehnte im August 1998 einen Waffenstillstand mit der PKK ab, den diese einseitig angekündigt hatte.

1987 verhängte die türkische Regierung den Ausnahmezustand über den Südosten Anatoliens und verschärfte den Kampf gegen die PKK; ab 1993 führte sie mehrere Großoffensiven durch, an denen jeweils schätzungsweise 100 000 Soldaten mit schwerem Kriegsgerät, Panzern und Kampfflugzeugen beteiligt waren; die Zahl der in dieser Zeit in Südostanatolien stationierten türkischen Soldaten wird auf mindestens 250 000 geschätzt. Im Rahmen ihrer Großoffensiven drang die türkische Armee wiederholt unter Missachtung der Souveränität der Nachbarländer auch auf irakisches und syrisches Gebiet vor, um dort die Rückzugsbasen der PKK anzugreifen. Dem Krieg zwischen türkischer Armee und PKK fielen insgesamt 30 000 bis 40 000 Menschen zum Opfer, darunter mindestens 5 000 kurdische Zivilisten, zum Teil Intellektuelle und Politiker, die „von unbekannt” ermordet wurden. Zudem wurden über 3 000 kurdische Dörfer samt ihrer Infrastruktur zerstört und etwa 2,5 Millionen Kurden zur Flucht gezwungen, und hunderte Kurden sitzen wegen tatsächlicher oder vermuteter Sympathie für die PKK im Gefängnis.

Internationale Menschenrechtsorganisationen warfen beiden Seiten, aber doch vor allem der mit Ausnahmerechten ausgestatteten türkischen Armee, massive Verletzung der Menschenrechte vor. Auf scharfe Kritik stieß im westlichen Ausland auch die Tatsache, dass das NATO-Land Türkei bei seinen Offensiven gegen die Kurden NATO-Kriegsgerät einsetzte, darunter auch deutsche Waffen und Panzer. Der unverhältnismäßige Einsatz der türkischen Armee, der vor allem die kurdische Zivilbevölkerung traf, wurde von Kritikern der türkischen Regierung auch als Vorgehen apostrophiert, das an Völkermord grenze. Die türkische Regierung ihrerseits betrachtet das Kurdenproblem nicht als ethisches, sondern als Folge der Armut und Unterentwicklung der Region, d. h. als Problem, das mit vorwiegend ökonomischen Mittel zu lösen sei. Fast die Hälfte der türkischen Staatsausgaben fließt in den Krieg gegen die PKK bzw. die Kurden.

Die seit der Gründung der türkischen Republik andauernden und seit Ausbruch des bewaffneten Kampfes drastisch verschärften Repressionen seitens der Regierung veranlassten Hunderttausende Kurden, ihre Heimat in Richtung westeuropäisches Ausland zu verlassen. In Deutschland leben etwa 500 000 Kurden; schätzungsweise etwa 10 000 sind Anhänger bzw. Mitglieder der PKK. Seit Mitte der achtziger Jahre agierte die PKK auch in Deutschland gegen die türkische Regierung, verübte hier u. a. Anschläge auf türkische Einrichtungen und türkische Staatsbürger. 1993 wurde die PKK in Deutschland verboten, ihre Strukturen blieben jedoch laut Verfassungsschutz weitgehend intakt. Ihre gewaltsamen Aktionen stellte die PKK in Deutschland allerdings ein, nachdem Öcalan sie mehrmals zum Gewaltverzicht aufgerufen hatte.

Im September 1998 drohte die türkische Regierung Syrien Militäraktionen an, sofern das Land nicht bereit wäre, PKK-Chef Öcalan, der sein Hauptquartier in Syrien hatte, auszuliefern. Öcalan verließ Syrien, und nach einer Odyssee durch mehrere europäische Länder, in denen er vergeblich um Asyl nachsuchte, wurde er schließlich im Februar 1999 vom türkischen Geheimdienst in der kenianischen Hauptstadt Nairobi festgenommen und in die Türkei überführt. Die Festnahme Öcalans wurde in der Türkei von offizieller Seite als der bislang vernichtendste Schlag gegen die PKK und als Sieg des Staates gefeiert. Am 29. Juni 1999 verurteilte das türkische Staatssicherheitsgericht Öcalan wegen Hochverrats, Separatismus und Terrorismus zum Tod.

Bereits während seines Prozesses bekannte sich Öcalan zu einer friedlichen, politischen Lösung des Kurdenkonfliktes und erklärte die Forderung der PKK nach einem unabhängigen Kurdenstaat für überholt. Das Angebot eines einseitigen Gewaltverzichts, das auch von der PKK bestätigt wurde, stieß bei der türkischen Regierung allerdings auf keinerlei Resonanz. Anfang August 1999 forderte Öcalan, bereits verurteilt, die PKK-Kämpfer auf, ab dem 1. September die Waffen niederzulegen und aus der Türkei abzuziehen. PKK-Führung und -Kämpfer (schätzungsweise noch 6 000) erklärten sich bereit, Öcalans Aufforderung zu befolgen, und appellierten zugleich an die türkische Regierung, sich ebenfalls um eine friedliche Lösung des Kurdenkonfliktes zu bemühen. Die türkische Regierung unter Ministerpräsident Bülent Ecevit lehnte jedoch erneut jegliche Verhandlungen und jeden Kompromiss mit der PKK ab. Zwar verabschiedete das türkische Parlament Ende August ein „Reuegesetz”, das PKK-Kämpfern, die sich freiwillig ergeben, Strafmilderung zusagt; allerdings wurde das Gesetz auf Betreiben der mitregierenden rechtsextremen Partei der Nationalen Bewegung (MHP) derart verwässert und mit zahlreichen Einschränkungen versehen, dass es PKK-Mitgliedern kaum Anreize bietet, sich den Behörden zu stellen.

Die PKK-Kämpfer begannen ihren Abzug aus Südostanatolien bereits in der letzten Augustwoche. Wohin sie sich zurückzogen – darüber ließ die PKK nichts Konkretes verlauten. Vermutlich ging ein Großteil der Kämpfer in den Nordirak; als weitere mögliche Rückzugs- und Zufluchtsgebiete nannte die PKK außerdem den Balkan, den Nahen Osten und den Kaukasus sowie Europa. Am 1. September 1999 erklärte Osman Öcalan, der Bruder Abdullah Öcalans und einer der Führer der PKK, den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat für endgültig beendet – auch für den Fall, dass das Todesurteil gegen Abdullah Öcalan tatsächlich vollstreckt werde. Unterdessen ging die türkische Armee weiter mit der gewohnten Härte gegen PKK-Einheiten vor; sowohl Militär- wie auch politische Führung der Türkei interpretierten den Rückzug der PKK als taktischen, propagandistischen Schachzug.
Im Januar 2000 bestätigte ein außerordentlicher Kongress der PKK, der im Nordirak tagte, die Einstellung des bewaffneten Kampfes gegen die Türkei und bekräftigte ihren Willen, sich in eine politische Partei umzuformen und sich für den Aufbau eines gemeinsamen türkisch-kurdischen, demokratischen Staates einzusetzen. Ihre Neuorientierung manifestierte die PKK u. a. durch die Entfernung der kommunistischen Symbole Hammer und Sichel aus dem Parteiemblem und des Begriffes „Kurdistan” aus den Namen ihrer Gliederungen.

Anfang 2002 ging die PKK noch einen Schritt weiter: Im Januar beschloss der Parteirat, „innerhalb der Grenzen der EU und der Türkei die Arbeit unter dem Namen PKK einzustellen”, und unterstrich damit nach eigener Aussage ihren Willen, in Zukunft ausschließlich als zivile, legale Partei mit politischen Mitteln für die kulturellen Rechte der Kurden in der Türkei zu kämpfen und vollkommen auf Waffengewalt zu verzichten.
Im April 2002 erklärte die PKK formell den bewaffneten Kampf für beendet. Gleichzeitig gab sie ihre Umwandlung in eine politische Partei, die sie durch ihre Umbenennung in „Kongress für Freiheit und Demokratie in Kurdistan” (Kadek) zu unterstreichen suchte, bekannt. Vorsitzender der Kadek wurde der weiterhin inhaftierte Abdullah Öcalan. Zugleich aber erklärte die Kadek, dass die kurdische Guerilla nicht abgeschafft werden könne, solange die türkische Regierung den kurdischen Kämpfern keine Amnestie gewähre und die Todesstrafe nicht abschaffe. Trotz der formellen Abkehr der PKK von der Gewalt erklärte die Europäische Union (EU) im Mai 2002 nach langem Zögern – was zu einigen Irritationen im Verhältnis zwischen der Türkei und der EU geführt hatte – die PKK zur Terrororganisation.

Lange Rede Mann, aber nur damit das Problem noch mal bewusst wird und ihr unsere Erlebnisse besser einschätzen könnt.

Burkhard Koch reiste im Alter von 15 Jahren mit dem Fahrrad und Schlafsack frei durch Deutschland. Die Reiseleidenschaft wurde perfektioniert. Heute reist er ständig mit seiner Frau Sabine und einem Allrad-Lkw. Burkhard Koch schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine.

This article has 1 comment

  1. Klaus

    ‚Zwangsassimilierung‘, das Wort muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. Eure Reise bis nach Nepal wäre sicher einen Bildband wert.

    In Deutschland käme dieser Begriff einem Supergau gleich, auch wenn man hier inzwischen von nicht gelungener Integration spricht, was kein Wunder ist, wenn ‚Erdowahn der Unvergleichliche‘ seine Deutschland-Türken im proppe vollen Müngerdorfer Stadion in Kölle auffordert, sich nicht zu assimilieren.

    HerzLicht
    Klaus

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