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Plakate mit Märthyrer
Landweg nach Indien

Politik des Iran

Kritisches zur Politik

Wir gehen in einem Park spazieren. Ich sehe einen jungen Mann mit einer roten Armbinde und frage, Fatima, die Tochter von Monsen: „Welche Behinderung hat der?“
Fatima lacht: „Der ist Sittenwächter, aber normalerweise tragen sie keine Armbinde sondern laufen in zivil. Sie zeigen die Frauen an, die kein Kopftuch tragen, und achten besonders auf junge Pärchen in den Parkanlagen. Der Austausch von Zärtlichkeiten ist verboten. Geht man mit einem Mann Hand in Hand spazieren kann man jederzeit von einem Sittenwächter angesprochen werden. Ist man nicht verheiratet oder verwandt, geht es auf die Polizeiwache und lange Verhöre folgen. Erlösen kann einen dann nur der Vater, der auch die Strafe zahlen muss.“
„Sag mal Monsen, die Bevölkerung will das so?“
„Quatsch, keiner will das, die Regierung hat keinen Rückhalt in der Bevölkerung. Mahmud Ahmadinedschad nennen die Meisten doch nur „den Irren“. Mit dem Schah waren einige unzufrieden und von der Revolution haben sich viele Verbesserungen erhofft, die teilweise auch kamen, aber das es so kommt, damit hat doch keiner gerechnet. Das Leben auf den Straßen täuscht, alles was früher problemlos in der Öffentlichkeit möglich war findet jetzt hinter verschlossenen Türen statt. Nimm zum Beispiel den Wein: Früher hatten wir sechs Weinkellereien im Iran. Nach der Revolution wurden diese geschlossen und es gibt offiziell keinen Wein mehr. Wahrscheinlich gibt es jetzt 6 Millionen Kellereien, denn jeder macht seinen Wein im Keller selbst. Oder die Prostituierten. Offiziell gibt es so etwas nicht, aber jeder weiß, es gibt jetzt durch die steigende Armut mehr als zu Zeiten des Schah, wahrscheinlich mehr als in Deutschland und so ist es mit Allem.“
„Ich habe noch nie eine gesehen.“
„Sie laufen natürlich nicht im Minirock rum, wenn du länger hier bist, wirst du sie erkennen.“
„Warum unternimmt keiner was?“
„Weil es ein Überwachungsstaat ist, jeder Protest endet im Gefängnis. Man kann nie sicher sein, ob das Telefon abgehört wird, ob auf Feten Spitzel dabei sind oder nicht, wer will da etwas riskieren. Aber wenn du genau hin siehst, erkennst du den Protest. Viele Frauen tragen farbige Kopftücher, lassen Haare herausgucken, und tragen Lippenstift.“
„Und bringt das was?“
„Vor 15 Jahren gab es bei den Banken, der Post und bei anderen öffentlichen Gebäuden zwei Eingänge, einen für Männer und einen für Frauen. Bei den Frauen kontrollierte ein Sittenwächter und mit Lippenstift durfte man nicht in das Gebäude. In den Bussen waren in der Mitte Gitter. Vorne stiegen die Männer in den Bus, hinten die Frauen. Heute sitzen die Frauen zwar getrennt von den Männern, aber die Gitter sind weg.“
„Wie geht es weiter?“
„Wir warten, dass die Zeit der Irren vorbei ist, aber so was wie im Irak wollen wir auf keinen Fall. Wir brauchen keine USA. Wir wollen keinen neuen Irren.“

Einige Tage später sind wir in Isfahan. Die Stadt ist eine alte religiöse Stadt, fast alle Frauen tragen den schwarzen Tschador, der den ganzen Körper verhüllt, so dass teilweise nur die Augen zu sehen sind. Ganz anders als in Teheran. Die Menschen sind genauso freundlich wie im ganzen Iran. Alle sind sehr hilfsbereit, keiner übervorteilt uns, selbst die Taxifahrer rechnen korrekt ab. Wir fühlen uns richtig wohl. Wir können ungestört durch die Basare schlendern, keine Schlepper, keine aufdringlichen Führer.

Öl: Fluch oder Segen?

Platz der FreiheitMit einem Mann, der mir sehr gebildet schien, der in der Schweiz und England lebte und gut Deutsch spricht, entwickelt sich ein interessantes Gespräch:
„Wie gefällt es ihnen in Iran?“
„Sehr gut, aber wir scheinen die einzigen Touristen hier zu sein.“
„Ja, seit dem 11.September 2001 kommen nur noch ganz wenige zu uns, dabei haben wir niemandem etwas getan, wir waren immer freundlich und hilfsbereit, aber jetzt halten uns alle für Terroristen, ihr glaubt, jeder hätte eine Bombe am Gürtel.“
„Jemand, der das Land nicht kennt, sieht und hört nur die Äußerungen des Herrn Mahmud Ahmadinedschad im Fernsehen und der erweckt bei mir den Eindruck, als sympathisiert und unterstützt der Iran den Terrorismus, wie zum Beispiel die Hisbollah. Dann stellt er die Judenvernichtung durch Deutsche im 2. Weltkrieg in Frage, da braucht man sich nicht wundern, wenn keiner mehr kommt. Und dann ist auch noch sein Atomprojekt, angeblich nur für die zivile Nutzung, aber das glaubt doch keiner.“
„Ja, so was erzählt man bei euch im Fernsehen, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Man muss auch die Geschichte sehen:
Die Engländer hatten zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Alleinverfügungsrecht über das iranische Erdöl und dieser Vertrag wurde 1930 um 60 Jahre verlängert. Die Gewinne aus dem Geschäft gingen alle nach England. 1950 machte die Anglo-Iranian-Oil-Company ca. 60 Mio. Pfund Gewinn. Dem Land Iran blieben nur knapp 10 Mio. Wegen dieser Ungerechtigkeit wurde die Ölgesellschaft verstaatlicht und die Briten reagierten mit einer Wirtschaftsblockade. Die Gewinne gingen auf 0,1 Mio. zurück, also nur noch ein Hundertstel. Daher der Hass gegen die Engländer.
In dieser Zeit wurden erstmals die USA aktiv. Sie boten militärische Hilfe und schulten das iranische Militär. Aber in Wirklichkeit entwickelten sie einen Putschplan. Leiter des Projekts war übrigens der CIA-Agent Norman Schwarzkopf, der später die „Operation Dessert Storm“ im Irak leitete.
1953 war das Militär soweit unterwandert, dass es zum Putsch kam und der Freund der USA Schah Reza Pahlavi, auf den Thron gesetzt wurde. Die USA begannen sofort mit der Neuverteilung des iranischen Erdöls. Der Schah nickte alles ab, er war die Marionette der USA. Die Polizei und das Militär standen unter amerikanischer Kontrolle, es wurde ein Geheimdienst aufgebaut, über 50.000 CIA-Agenten waren vor der Revolution von 1979 in Iran und sie benahmen sich wie die Herrscher des Landes. Gleichzeitig häufte der Schah und seine Familie ein privates Vermögen von unvorstellbarem Ausmaß an. Ihnen gehörten fast 20 Banken und über 100 Firmen, doch die Arbeiter und Bauern bekamen von diesem Reichtum nichts ab. Jeder Kritiker wurde eingesperrt und die religiösen Führer, die Mullahs öffentlich beleidigt und durch Folter zur Flucht getrieben. Die Auslandsschulden, vor allem bei den USA, stiegen unaufhörlich. Der Staat Iran war vor der Revolution vollkommen abhängig von den USA.
Als dann nach der Revolution die USA keinen Einfluss mehr hatten, weil ihre Marionette der Schah nicht mehr existierte, unterstützten sie den Irak im Krieg gegen den Iran. Sie haben dem Irak Waffen geliefert, wodurch Tausende Iraner starben. Und jetzt umziegeln sie uns. Die USA ist in Afghanistan, in Irak, in Pakistan, in Saudi-Arabien und in der Türkei und es geht ihnen nur ums Öl und wir im Iran haben die größten Erdölreserven der Welt. Das die USA uns nicht noch einmal unser Öl raubt, geht nur mit Abschreckung. Und die USA kann man mit Maschinengewehren nicht beeindrucken, das geht nur mit der Atom-Bombe.
Und das wir Recht haben sieht man doch daran wie sich die USA verhält, sie hetzen alle Länder gegen uns auf. Sie wollen nicht, das wir unser Öl verteidigen können, warum haben sie nichts gegen Pakistan und Indien unternommen, als diese die Atombombe gebaut haben?“
„Wir haben Angst, dass die Bombe in die Hände von Irren gerät.“
„Ein Land, das soviel Wissen hat, dass es in der Lage ist, eine solche Bombe zu bauen, verfügt auch über eine so hohe Zivilisation, das es verantwortungsvoll mit der Bombe umgeht. Bisher hat nur ein Land die Bombe eingesetzt und das waren die USA.
Warum will die USA überall in der Welt bestimmen, wer was darf und wer nicht?“
„Und die Unterstützung der terroristischen Hisbollah?“
„Wer ist hier der Terrorist? Bush und die Juden sind die Terroristen. Wegen zwei Soldaten müssen einige hundert Libanesen sterben.
Bush ist doch der, der einen Glaubenskrieg gegen die Muslime führt, die USA rauben die Bodenschätze und machen andere Länder zu ihren Marionetten. Und jeder, der sich wehrt, ist ein Terrorist oder Schurkenstaat.“
„Aber noch mal zurück, als der Schah gestürzt war wollte die Bevölkerung einen islamischen Gottesstatt?“
„Nein, die Mullahs wollten nur wenige, die Opposition bestand aus mehreren Gruppen unter anderem auch die Geistlichen. Als der Schah weg war, entstand ein Machtvakuum, das die Mullahs für sich nutzten, denn sie besaßen mit ihren Moscheen die Infrastruktur um ihre Meinung unters Volk zu bringen das war ihr entscheidender Vorteil. Alle anderen politischen Gruppen hatten kein Kommunikationsinstrument. Obwohl vieles besser wurde, zum Beispiel sind fast alle Auslandschulden abgezahlt, sind viele Versprechen nicht eingelöst worden. Gäbe es eine Demokratie mit verschiedenen Parteien und Pressefreiheit, würden die Mullahs die Wahl nicht gewinnen. Die Mehrheit der Iraner ist längst nicht so religiös wie es die Mullahs gerne hätten.“

Burkhard Koch reiste im Alter von 15 Jahren mit dem Fahrrad und Schlafsack frei durch Deutschland. Die Reiseleidenschaft wurde perfektioniert. Heute reist er ständig mit seiner Frau Sabine und einem Allrad-Lkw. Burkhard Koch schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine.

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