Kastensystem: Brahmanen stecken in der Scheiße
Wir sind in Jodpur, eine Stadt die bekannt ist für ihre vielen blauen Häuser. Blau ist die Farbe der Brahmanen, jene, die im Kastensystem ganz oben stehen. Die Königskaste sozusagen. Die Häuser leuchten wirklich in schönen Blautönen und die Stadt bietet, von der Festung betrachtet, schöne Fotomotive.
Jodpur
Steigt man von der Festung jedoch hinab in die engen Gassen, wird einem ganz anders. Müll und Unrat häuft sich in den Gassen. Es stinkt. Fliegenschwärme sitzen auf den Bettlern und kleinen Kindern. Kanalisation gibt es keine. Fäkalien fließen offen in kleinen Gräben an den Häusern lang. In der Stadt verrichten Menschen über diesen Rinnsalen ihre Notdurft.
Unser erster Eindruck ist: dreckig, stinkend, verwahrlost, eklig, obwohl wir inzwischen wirklich einiges gewohnt sind.
Wie kann das sein, dass gerade die Stadt, in der viele der höchsten Kaste leben, so negativ auffällt.
Die Antwort erhalten wir von Deutschen, die hier seit drei Jahren leben und ein kleines Restaurant aufbauen.
„Das Kastensystem ist streng geordnet. Es schreibt sogar vor, welche Arbeiten ausgeführt werden dürfen und welche nicht. Den Brahmanen, also der obersten Kaste, ist es untersagt andere zu bedienen, zu fegen oder Müll zu entsorgen.
muell
Das ist niedere Arbeit für die unteren Kasten. Nur das die Brahmanen heute kein hohes Einkommen mehr haben und niemanden bezahlen können, der ihnen den Dreck wegräumt. Und so gehen die Könige langsam im Dreck unter. Heute sind die mittleren und unteren Kasten die wohlhabenderen, denn diese dürfen arbeiten. Ein Brahmane würde nie bei uns im Restaurant als Kellner oder Koch anfangen.
Höchstens selbst ein Geschäft eröffnen, und das endet wie viele hier. Der Brahmane sitzt im Müll hinter seiner oft leeren Kasse.“
Jetzt kann ich verstehen, dass hier keiner den Müll wegräumt, ich würde doch auch nicht meine Chance aufs Paradies durch Arbeit verspielen. Dann lieber die paar Jahrzehnte in der Scheiße sitzen.
Sabine meinte: „Normalerweise müsstest du das mal fotografieren, das glaubt doch sonst keiner, wie das hier aussieht.“
Okay, ich nehme den Deckel vom Objektiv und fokussiere auf den Müll, dann auf die fliegenübersäten Essensreste, dann ein Bild von den Fäkalien, dann ist mir schlecht.
Schade, dass ich euch keine Geruchsprobe mitbringen kann. Aber vielleicht gibt es in der Parfümerie „Der Duft Indiens“, da könnt ihr mal dran riechen und hoffen, dass es auch wirklich der original Duft ist, so leicht süßlich.
Wenn einer eine Reise tut
oder
Warum in die Ferne schweifen, wenn das ‚Gute‘ liegt so nah
oder
Bleib im Lande und ernähr‘ dich redlich
Liest man Eure Berichte unter dieser Rubrik, dann stellen sich einem ob der heutigen Situation nicht nur in Deutschland die Frage, warum jemand so weit reist, nur um Land und Leute kennenzulernen, reisen viele doch nur, um irgendwo an einem bestimmten Ziel anzukommen.
Früher wollte man noch andere Kulturen kennenlernen, doch nachdem was Ihr hier beschreibt, kann man in dem Zusammenhang wohl eher weniger von Kultur sprechen. Doch auch hier gibt es inzwischen sicher einen Interpretations- und Deutungsspielraum.
Neue Marktnische der Touristik-Szene?
Folgte man früher den Urlaubsberichten der Kollegen, die braungebrannt aus Spanien heimkehrten, so waren die total begeistert davon, daß bis auf das um Welten bessere Wetter alles wie daheim sei. Deutsches Eck, deutsches Pilsken, deutsches Essen, deutsche Sprache, alles bestens aufeinander abgestimmt.
Heute muß man dazu gar nicht mehr verreisen, schon gar nicht in derart ferne Lande. Man hat alles unmittelbar direkt vor der Haustür: Land und Leute samt deren Lebensgewohnheiten, also auch den nicht unerheblichen Müll. Man muß vielleicht in die nächste Großstadt oder größere Stadt reisen, doch dann ist man bereits mitten drin und sitzt so wie bei ARD und ZDF sogar direkt in der ersten Reihe. No Go Areas, kein Problem, alles inklusive. Abenteuer pur. Man braucht auch kein geländegängiges gewichtsoptimiertes Fernreisemobil mit riesigen Tanks mehr, ein gepanzertes Groß-SUV reicht bereits. Und auch beim Wetter ist alles dabei, von 35°C im Schatten bis zu sintflutartigen Regenfällen samt extremen Hagel und Überschwemmungen. Die urdeutsche Pommesbude (Pommes rot/weiß mit oder ohne Currywurst) wird sicher kaum noch zu finden sein und erst recht nicht in deutscher Hand, doch dafür gibt es an jeder Ecke die wie Pilze aus dem Boden schießenden Dönerläden, in denen man ein ‚Döner-Gericht‘ zu 3,50 EUR bekommt, Gammelfleisch inklusive.
Ein Döner ist von der Deklarationspflicht nach dem Lebensmittelrecht analog einem Wiener Schnitzel. Als Wiener Schnitzel darf in Deutschland nur ein Gericht bezeichnet werden, wenn es sich um Kalbfleisch handelt. Als Döner darf nur bezeichnet werden, was aus ganzen Fleischstücken auf einen Spieß aufgespießt worden ist. Das gibt es aber nicht zu 3,50 EUR und auch nicht zu 5,00 EUR. Derartiges fängt bei 10,00 EUR an. Der Billigdöner ist aus Hackfleisch mit entsprechenden Zusätzen, damit die Pampe auch am Spieß hält und nicht ins Nirwana entfließt. Laut einem türkischen Dönerhersteller in Deutschland ist unter zehn angelieferten Behältern mit Hackfleisch eine mit Gammelfleisch ….. je feiner das Ganze im Fleischwolf durchgedreht wird, je weniger läßt sich Gammelfleisch nachweisen. In Stuttgart ist das Verhältnis der Lebensmittelkontrolleure zu Gastronomie z. B. so, daß niemand was zu befürchten hat, so nicht vermehrt Beschwerden von Konsumenten eingehen.
Wird bei einem Wiener Schnitzel demnach anstatt Kalbfleisch nur Schweinefleisch verwendet, muß es als Schnitzel nach Wiener Art bezeichnet werden. Gleiches gilt analog für Döner aus Hackfleisch. Doch wen tangiert’s.
Geführte Kultur-Städtereisen inmitten Deutschlands.
Der Abschluß einer Lebens- und Erwerbsunfähigkeitsversicherung wird dringend empfohlen.