Warenkorb

Nomade beim Tee
Marokko

Marokko – Tee bei Nomaden

Die Piste führt in eine Schlucht, Piste kann man es nicht nennen, es sind ein paar Fahrspuren, die aus der hitzeflimmernden Schotterebene zur Abbruchkante des Plateaus führen und in diese Einkerbung der Natur verschwinden. Wir suchen eine Möglichkeit aus dem Oued Tarda direkt nach Errachidia zu fahren, müssen dazu aber auf das Plateau kommen, müssen einen unbekannten Übergang oder Durchlass finden. Die Spuren verlieren sich im Talkessel, große Steinbrocken erfordern die volle Bodenfreiheit unseres Militärlasters. Im Kriechgang der Untersetzung lasse ich ihn einfach geradeaus über die Hindernisse krabbeln. Der Steyr überzeugt immer mehr. Doch im Talkessel ist Schluss.

Steinfeld

Kein Weiterkommen möglich

Alles wieder zurück, doch heute nicht mehr, Es ist zwar erst zwei Uhr am Nachmittag, aber die Landschaft grandios und hier könnte man bleiben. Am nächsten Morgen fahren wir wieder über die Schotterebene. Brunnen, Nomadenzelte, Ziegenherden gelegentlich eine Palmengruppe, typische Halbwüste.
Kinder stürmen aus den Zelten, staunen und winken. Die Erwachsenen ebenso. Wir rollen mit Schritttempo an ihnen vorbei, um nicht unnötig Staub aufzuwirbeln.

Der kleine Ziegenhirte

Wenig später sehen wir einen kleinen Jungen, vielleicht sechs oder sieben Jahre alt, mit einer Herde Ziegen. Die braune Stoffhose zwei Nummern zu groß, die Hosenbeine hochgekrempelt, und mit einer Schnur um die Talje gebunden. Das T-Shirt löchrig, der Kragen zerschlissen, die Naht unter den Armen aufgetrennt. Kaputte Plastikschuhe an den nackten Füssen. Wir haben im Gepäck Altkleider, die wir zum verschenken an die Ärmsten dabei haben und eigentlich schon viel zu lange spazieren fahren.
Gang raus, Handbremse fest, den Jungen herbei gewinkt und mal eine passende Hose, zwei T-Shirts und eine passende Kapuzenjacke herausgekramt. Dazu ein Hand voll getrockneter Aprikosen und der Kleine strahlt. Abfahrt.

Etwas südlich verläuft nach Karte eine Senke, vielleicht finden wir dort einen schönen Platz für den zweiten Morgenkaffee. Die Ebene lässt sich schnell befahren, die Tachonadel steigt bis zur 60iger Marke und nach zwei Kilometern stehen wir an der Kante. Genau richtig für einen Kaffee. Eigentlich könnte man hier auch übernachten.

Traumplatz

Traumplatz an der Abbruchkante des Plateaus

Während des Kaffeetrinkens sehen wir am Horizont eine Person , die sich auf uns zu bewegt. Das Fernglas ist griffbereit, es ist der kleine Junge, der seinen Vater an der Hand führt und zur Eile treibt. Wenig später stehen sie an unserem Tisch. Er wolle sich nur für das T-Shirt und die Hose bedanken und uns als Dank in sein Zelt zum Tee einladen. Da läuft ein alter Mann drei Kilometer und wieder zurück, nur um für ein altes gebrauchtes Kinderhemd „Danke“ zu sagen. Okay, wir packen ein und fahren mit den Beiden zu ihrem Zelt. Der Kleine freut sich, scheint noch nicht so oft im LKW vorne mitgefahren zu sein.

Tee bei Nomaden

Zwei Zelte stehen nebeneinander, kleine Ziegen und Hühner laufen umher und werden mit Steinwürfen aus den Zelten vertrieben. In der Nacht hatte es leicht geregnet, die Zelte sind undicht und so liegen die Decken zum Trocknen in der Sonne. Aus einem Lehmofen steigt Rauch auf, drei Frauen backen irgendwas. Ein halbes Dutzend Kinder in unterschiedlicher Größe mustern uns mit großen Augen und jedes Einzelne begrüßt uns höflich.

Nomadenlager

Zu Gast im Lager der Nomaden

Decken werden ausgeschlagen, Kissen herbei getragen und im Zelt ein gemütlicher Platz geschaffen. Das Hab und Gut ist im Zelt versammelt, ein altes Fahrrad, ein alter Überseekoffer, Plastiktüten, kleine und große Metallkisten. Eine der Frauen holt Glut aus dem Lehmofen, auf der der Hausherr Tee zubereitet. Im alten Transistorradio wird ein Sender gesucht, der französische Poplieder spielt und die Lautstärke auf maximal gestellt. Sabine sieht in der Zwischenzeit noch mal bei den Kinderkleidern und für jedes der acht Kinder ist was passendes dabei.

Mit dem Kolben eines Mopedmotors wird vom Zuckerhut ein faustgroßes Stück geschlagen und in die Kanne geworfen. Eine der kleineren Metallkisten wird geöffnet. In ihr befinden sich 16 Teegläser, alle schön in Pappe verpackt, damit sie auf dem Transport nicht kaputt gehen. Die erste Runde ist süß, zuckersüß. Ich mag es. Eine weitere Kanne mit Wasser wird in die Glut gestellt und nach kurzer Zeit vom Feuer genommen. Das lauwarme Wasser wird zum Waschen über unsere Hände gegossen, ein alter aufgeschnittener Altölkanister dient als Auffangwanne.

Aus dem Ofen wird frisches Brot gebracht und auf einem Silbertablett serviert. Dazu eine Schale Ölivenöl in das man das Brot tunken kann. Der Hausherr nimmt den Mopedkolben und schlägt ein weiteres Zuckerstück ab. Kaum zu glauben, aber das Zuckerstück löst sich wirklich noch im Tee auf und so ist die zweite Runde noch süßer. Eigentlich ist die dritte Teerunde die süßeste, das wird er aber jetzt nicht mehr schaffen, denke ich mir, da hat er sich verkalkuliert, die Sättigungsgrenze des Tees ist wohl erreicht. Aber getäuscht, auch das nächste Zuckerstück löst sich noch auf. Weiteres Brot wird aus dem Ofen geholt. Die Kinder und Frauen sitzen mit bei uns, jeder bekommt Tee und Brot.

Wer fotografiert hier wen?

Die jüngeren Frauen holen zwei Wasserkanister und trommeln auf ihnen. Abwechselnd tanzen sie zu den Rhythmen. Den Fotoapparat hatte ich im Auto gelassen, auch wenn es ungemein reizt, zu fotografieren, aber mit Fotoapparat wäre es bestimmt nicht zum Tanz gekommen und die Situation wäre auch nicht so entspannt. Um so verwunderter bin ich, als eine der Frauen mich fragt, ob sie mich fotografieren dürfe, wegen der blauen Augen. Sie zückt unter ihrem Gewand ein Handy hervor und dann werde ich abgeschossen, wie ich Tee trinke, wie ich Brot in den Mund stecke, wie ich auf dem Kanister trommele.

Ob wir denn keinen Fotoapparat hätten, will der alte Mann wissen. „Doch, aber …“ „Ja warum holst du ihn nicht?“ Also fotografiere ich zum Abschluss das Zelt und den Gastgeber. Die Teegläser waren schon wieder weggepackt und wurden fürs Foto extra noch mal aus der Kiste geholt. Die eigentliche Teezeremonie und das Brot essen hätte wesentlich authentischer ausgesehen. Also doch noch ein Bild vom Tee bei Nomaden.

Nomade beim Tee

Nomade bereitet eine Teezeremonie vor

Zum Fotografieren hatten wir vor ein paar Wochen ein interessantes Erlebnis:
Wir standen drei Tage an einer Kante eines Plateaus, unter uns lag eine Oase, aber niemand entdeckte uns. Am dritten Tag war es dann soweit, ein Junge bemerkte uns und die Nachricht verbreitete sich im Ort schnell. Später standen etwa 20 bis 30 Kinder und Jugendliche um uns. Jungen und Mädchen.
Einige fragten, ob sie uns fotografieren dürften, andere ballerten mit ihren Fotohandys einfach drauf los, jeder so, wie er es von Touristen gelernt hat.
Schon ein seltsames Gefühl wenn zehn oder 15 Handys auf einen gerichtet werden und jede Bewegung festgehalten und als „Trophäe“ gleich an Freunde geschickt wird.

Fotografieren und fotografiert werden, in Marokko gleichen sich die Kulturen immer mehr an.

Hilfe durch 4×4-adventures.de

Wir sind in Tinerhir, Staub liegt in der Luft, den die Caterpiller-Maschinen beim Schieben der neuen Straßen aufwirbeln. Ein Neubaugebiet wird an das erst vor ein paar Monaten entstandene gereiht. Jetzt sieht man den Bevölkerungswachstum Marokkos auch in Form von Beton. Man muss den Bildausschnitt schon gut wählen, um keine Neubauten im Bild zu haben.

Tinerhir

Tinerhir eine Oasenstadt an der Straße der Kasbahs

Für die Nacht fahren wir auf einen Campingplatz in der Schlucht. Die Waschmaschine ist das, was uns auf den Platz zieht. Aus einer Nacht werden drei und am Morgen des dritten Tages wird mir ganz heiß. Ich sitze auf dem Fahrersitz, will den Steyr anwerfen und dazu den Hauptschalter einschalten, der die komplette Elektrik von der Batterie trennt. Doch der Schalter steht bereits in der Stellung „ON“. Zündung an, aber nichts zündet. Mist, der Laptop, Radio, und Bordbildschirm haben in den drei Tagen die Batterie geleert.

Zum Glück stehen wir auf einem Campingplatz und hier ist Hilfe einfach zu organisieren. Draußen hätte ich jetzt die Starterbatterien aus gebaut und mit den Bordakkus getauscht und mit den Solarpanellen geladen. So wäre der Steyr in zwei Tagen wieder zurück im Leben. Aber hier ist es einfach. Gestern Abend trafen mehrere Geländewagen mit deutschen Kennzeichen ein. Da fällt die Verständigung leicht. Walter führt mit seiner Partnerin und seinem Range Rover eine Gruppe Offroadfahrer durch Marokko.

„Hallo, ich habe ein kleines Problem“, ich komme gar nicht dazu, das Problem zu schildern, sondern werde mit dem Satz: „Wir waren es nicht“, unterbrochen. Dies nehme ich als Vorlage und erwidere: „Einer von euch muss es gewesen sein. Jemand muss heute Nacht bei mir den Hauptschalter eingeschaltet haben und jetzt ist die Batterie leer. Was machen wir denn jetzt?“ „Was habt ihr gemacht?“ fragt eine der Frauen. Und ich bin entsetzt, trauen doch einige Frauen ihren Männern solch einen Schabernack zu.

Starthilfe

Starthilfe durch 4×4 Adventures. DANKE

Letztendlich ist einer der Allradler schnell neben die Kuh rangiert und natürlich hat Walter alles an erforderlichem Berge- und Nothilfematerial, darunter auch ein extrem langes Überbrückungskabel an Bord. Zwanzig Sekunden später läuft der 6,6 Liter Motor gleichmäßig mit 700 Touren.

An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an die Reisegruppe um Walter.
Mehr Infos: 4×4 Adventures

4x4-adventures

4×4-adventures – Immer hilfsbereit

Bei der Ausfahrt vom Camp fotografiere ich ein paar der schönsten Boliden.

Offroad-Mobil Hummer

Offroad-Mobil Hummer

Offroad Strecken in Marokko

GPS Offroad Reiseführer Marokko PistenkuhZu den Offroad-Strecken in Marokko haben wir einen GPS-Offroad-Reiseführer Marokko zusammengestellt. Er enthält genaue Pistenbeschreibungen, zudem alle Waypoints, Tracks und Routen als GPX-Format. Ebenso ist eine IGN-Detail-Karte auf dem Datenträger.

Offroad Impressionen Marokko PistenkuhZum Einstimmen auf die abenteuerlichen Pisten in der Berg und Wüstenwelt gibt es einen Reisefilm Offroad Impressionen Marokko von uns.

Burkhard Koch reiste im Alter von 15 Jahren mit dem Fahrrad und Schlafsack frei durch Deutschland. Die Reiseleidenschaft wurde perfektioniert. Heute reist er ständig mit seiner Frau Sabine und einem Allrad-Lkw. Burkhard Koch schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert