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Sabine Hoppe und Thomas Rahn unterwegs.
Fahrerische Missgeschicke

Abseitsreisen in Costa Rica

von Sabine Hoppe und Thomas Rahn

„Pura Vida“ ruft Ricardo in unsere Richtung, dreht den Kopf leicht über die Schulter und hebt die
Bierdose mit der Aufschrift „Pilsen“ zum Toast. Dann legt er sich wieder in seine Strandliege im
Schatten des kleinen Baumes und blickt auf die Wellen. „Pura Vida“, rufe ich zurück, wische mir
mit dem Handrücken die Mischung aus Sand und Schweiß von der Stirn und greife wieder zur
Schaufel. Doch gleichzeitig mit den Worten ‚Pura Vida‘ denke ich mir: „Mein Gott, sind wir
dämlich.“

Relaxtes Leben in Cost Rica

Relaxtes Leben in Cost Rica

Und alles wäre nicht so gekommen wenn…

Und das alles wäre nicht so gekommen, wenn nicht der Lkw der lokalen Polizeibehörde den
gesamten Parkplatz blockiert hätte. Und wenn der Parkwächter nicht gesagt hätte, wir sollten bis der
Lkw abgeholt wird, kurz dort am Rand anhalten. Und wir nicht gesagt hätten: Kein Problem.
Jetzt steht Paula mitten zwischen Sonnenliegen am Strand und steckt fest. Wir schaufeln und
arbeiten uns mit den elendig schweren Sandblechen Meter für Meter zurück in Richtung des
Parkplatzes, auf dem wir schon vor zwei Stunden hätten stehen wollen.

Ich werfe die Schaufel in den Sand, setze mich daneben und schaue zu Ricardo, der mir in diesem
Moment mit einem breiten Lächeln eine Dose entgegenstreckt. Ich greife dankbar nach dem
eisgekühlten Getränk, nehmen einen kräftigen Schluck und sehe ich mich um. Zwischen uns und
dem Meer liegen knapp 20 Meter Sandstrand und in etwa zweiminütigem Abstand bleiben dort
kleine Grüppchen US-amerikanischer und europäischer Touristen stehen. Ihre Gesichter kann man
zunächst nicht erkennen, da zwischen ihren Sonnenbrillen und uns ein Smartphone gehalten wird,
mit dem in aller Ausführlichkeit ein knapp 8 Tonnen schwerer Lkw mit deutschem Nummernschild
fotografiert und gefilmt wird, der gerade am Strand von Costa Rica zwischen einer Gruppe von
Sonnenliegen im feststeckt.

Neben dem Fahrzeug schwitzen zwei in Sand panierte ‚Expeditionsreisende‘, die abwechselnd
schaufeln und Sandbleche schleppen und an den Gesichtsausdrücken der beiden ist deutlich zu
erkennen, dass sie noch etwas Schwierigkeiten haben, sich auf die Leichtigkeit des Seins, auf das
PURA VIDA Costa Ricas, einzulassen.

Diese zwei Gestalten sind wir: Sabine und Thomas. Vor knapp drei Jahren hatten wir Deutschland
verlassen um in unserem Oldtimer Lkw die Welt zu umrunden. Wir hatten Paula, unser mobiles
Zuhause, schon einige Male ziemlich jämmerlich festgefahren und stundenlang gegraben. Doch
bisher immer an abgelegenen Flecken der Erde, an Flussufern Kirgistans und in einsamen Tälern
der Mongolei. Kurzum an Orten, an denen nicht ununterbrochen Kameras auf einen gerichtet sind,
die uns unverkennbar vor Augen führen, wie ungeschickt wir uns angestellt haben müssen, um nun
hier festzustecken und zu graben.

Festgefahren am Strand in Costa Rica

Festgefahren am Strand in Costa Rica

Aber ihr habt doch einen Mercedes.

Wenn ich so recht nachdenke, hatten wir zuerst zum Parkplatzwächter gar nicht gesagt „Kein
Problem.“ Wir hatten gesagt: „Ist das nicht ein wenig steil?“ Worauf er sagte: „Aber ihr habt doch
einen Mercedes, das geht schon.“ Nun gut, und dann sagten wir: „Kein Problem.“

Sabine wirft das vierte Sandblech vom Dach, ich greife wieder zur Schaufel und nachdem das
nächste Urlaubergrüppchen fertig fotografiert hat, merke ich, wie die Flut langsam aber stetig den
Sand zwischen uns und den Wellen auffrisst. Ricardo rutscht seine Sonnenliege wieder etwas weiter
in den Schatten des Baumes, greift noch einmal in seine Kühlbox und bietet mir ein Bier an.
„Danke, momentan nicht. Etwas später vielleicht.“

Ja, richtig. Und wir sagten zum Parkplatzwächter: „Kein Problem. Wir parken hier am Rand bis der
Parkplatz frei wird.“ Und schon rollte Paulas Vorderachse über die kleine Böschung zwischen
Parkplatz und Strand. „Na, vielleicht etwas schief“, dachten wir uns. Kein Problem.
Rückwärtsgang. Doch schon dreht ein Hinterrad durch. Allrad, Differentialsperre. Untersetzung.
Und schon drehen drei Räder durch. Paula rutscht mit jeder Umdrehung weiter Richtung Strand.

Ein junger Mann auf dessen Strandliege wir immer näher zu rutschen, den wir wenig später als
Ricardo kennen lernen werden, blickt indes etwas verunsichert nach hinten, steht dann auf und zieht
seine Liege und die seiner Frau um zwei Meter zur Seite, um nicht überrollt zu werden. Wieder
drehen die groben Stollenreifen auf dem feuchten Laub durch. Laub, das von dem
schattenspendenden Baum stammt, den sich Ricardos Familie ausgesucht hatte, um einen ruhigen
Nachmittag am Strand zu verbringen. Doch nun röhrt ein alter Dieselmotor neben ihm, der
vergeblich versucht, seine Kraft über drei durchdrehende Räder in einen Haufen aus Palmwedeln,
nassen Blättern und leeren Kokosnüssen zu übertragen.

Mercedes Rundhauber in Costa Rica

Mercedes Rundhauber in Costa Rica

Aber jetzt mit Schwung.

Eine dichte weiße Abgaswolke hüllt die Strandliegen in mystisches Licht. Ricardo, hustet, blickt
gelassen über die Schulter und beobachtet, wie sich die beiden deutschen Globetrotter dazu
entschließen, statt rückwärts die Böschung hinauf, in einem kurzen Bogen über den Strand zurück
auf den Parkplatz zu fahren. Kein Problem. Allrad ist bereits eingelegt, die Freilaufnaben gesperrt,
Ricardo hatte sich in weiser Voraussicht zuvor schon aus der Gefahrenzone gebracht. Kurz also die
Böschung ganz hinab rollen bis auf den Strand, mit Schwung eine kleine Kurve drehen und schon
sind wir zurück auf festem Untergrund. Gedacht, getan. Mit einem Satz rollt Paula hinab und gräbt
sich mit Schwung direkt neben Ricardos Sonnenliege ein, als ob sie uns sagen möchte: So, hier
bleibe ich.

Zwei Stunden und dreißig Minuten später können wir Paula dann endlich überzeugen, dass sie auf
dem Parkplatz besser aufgehoben ist als am Strand. Der Polizei-Lkw hatte bereits seit zwei Stunden
und 25 Minuten den Parkplatz verlassen und auch der „Kein Problem, ist doch ein Mercedes“-
Parkplatzwächter hat längst Feierabend gemacht. Ricardo winkt, auch sein Strandausflug ist für
heute beendet und die fotografierenden Urlauber sitzen längst bei Pizza und Pasta im nächsten
Strandrestaurant, zeigen auf ihre Telefone und rätseln, wie man so dämlich sein kann, seinen Lkw
mitten auf dem Strand festzufahren. Dann stoßen die Bierdosen aneinander und noch aus der Ferne
vernimmt man ein leises „Pura Vida“.

Wer sind eigentlich Sabine Hoppe und Thomas Rahn?

Sabine Hoppe und Thomas Rahn unterwegs.

Sabine Hoppe und Thomas Rahn auf ihrer Weltumrundung

Sabine Hoppe und Thomas Rahn packten mit 29 Jahren ihre sieben Sachen in einen Oldtimer-Lkw
namens ‚Paula‘ und zogen 2009 los, um die Welt ein wenig besser kennenzulernen. Sechs Jahre
später kehrten sie nach 54 durchquerten Länder, fünf Kontinenten und einer vollendeten
Weltumrundung wieder zurück nach Deutschland. Mehr Geschichten über Freud und Leid ihrer
120.000 Kilometer langen Reise im Oldtimer um die Welt erzählen die beiden in live
kommentierten Fotoreportagen.
Termine und mehr Informationen auf www.abseitsreisen.de und
auf Facebook 

 

Burkhard Koch reiste im Alter von 15 Jahren mit dem Fahrrad und Schlafsack frei durch Deutschland. Die Reiseleidenschaft wurde perfektioniert. Heute reist er ständig mit seiner Frau Sabine und einem Allrad-Lkw. Burkhard Koch schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine.

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