Schlangen und Spinnen
Habe ich vor ein paar Tagen noch geschrieben: „Jeder kennt jemanden, der einen kennt, der eine Schlange in Australien gesehen hat.“
Es scheint doch mehr Schlangen zu geben. Die größte Wahrscheinlichkeit, mal eine Schlange zu sehen, ist wohl beim Feuerholz holen, wenn ich einen großen Kreis querfeldein durch Wiesen und Wald rund ums Nachtlager laufe. Oder beim Filmen, wenn wir das Stativ 50 oder 100 Meter neben der Piste im hohen Gras aufbauen. Nie haben wir eine entdecken können. Der große Zufall war vor vier Tagen: Kurzer Stopp zum Pieseln. Ich stelle mich zwei Meter neben die Piste und hätte beinahe, aber so weit ist es nicht gekommen, mein Schreck beim Anblick des braunschwarz zusammengerollten Reptils bewahrte sie vor für sie weniger Amüsantem. Die Chance, sie zu fotografieren, lasse ich mir natürlich nicht entgehen, laufe zum Auto zurück und hole die Kamera. Schade, zu langsam. Ich sehe sie über den Weg kriechen, verfolge sie noch ein Stück auf der anderen Pistenseite im hohen Gras, habe aber nie eine gute Fotografiermöglichkeit. Ärgerlich.
Bevor es weitergeht, kann ich jetzt doch noch dem Strauch von vorhin etwas Gutes tun. Die gute Tat des Tages kann manchmal so einfach sein. Der Schreck ist nicht ganz so groß, aber meine Schlange liegt noch genau so da wie vor drei Minuten. Und da ich jetzt den Fotoapparat umhängen haben, gelingen mir auch ein paar Bilder.
Am nächsten Tag, nur ein paar Kilometer entfernt sonnt sich eine Schwarze mit Kreuzmuster auf dem Rücken direkt neben einem kleinen Pfad, der uns zu einer auf der Karte eingezeichneten Höhle führen sollte. Als wir uns auf knapp einen Meter genähert haben, flüchtet sie ins Dickicht.
Immerhin, drei Schlangen in zwei Tagen bzw. vier Schlangen auf der Reise, seit sieben Wochen. In Afrika sahen wir in den drei Jahren der Umrundung genau drei Schlangen. Bin gespannt, was da noch kommt.
Spinnen
Wer eine Spinnenfobie hat, wer Spinnen gruselig findet und nicht schlafen kann, wenn irgendwo im Raum eine Kleine nachts ein paar Fliegen aussaugt, der sollte diesen Abschnitt einfach überspringen. Für alle anderen: Das Spinnenerlebnis war so schlimm, wie man es sich nur vorstellen kann.
Ein kleiner Platz im Wald ist unser Übernachtungsplatz. Es ist diesmal eine Campsite, das heißt ein Picknickplatz mit Feuerstelle, sonst nichts, auf der man übernachten darf. Und weil Wochenende ist, sind wir nicht allein. Drei australischen Familien sind mit Toyota Hilux bzw. Prada, Offroadanhänger, Zelt und Bier in den Wald gestartet. Das junge Pärchen neben uns ist sympathisch. Wir trinken ein paar Bier zusammen und verputzen deren Tortellini. Dave hat einen interessanten Job: Er ist Kameramann beim Fernsehen und seine Spezialität ist Sport, insbesondere Kricket. Er reist ständig in der Welt umher. Überall, wo ein bedeutendes Spiel stattfindet, ob in Indien, England, Südafrika oder USA, steht er mit der Kamera in der ersten Reihe. Es wird dunkel, stockdunkel, es ist Neumond. Wir zünden zwei Kerzen an. Naomey schreit, zieht die Füße hoch, auf dem Boden bewegt sich eine handtellergroße Spinne, die rasend schnell das Tischbein hoch krabbelt und jetzt unter dem Tisch hängt.
Noch nie (außer im Zoo) habe ich eine so große Spinne gesehen. Sabine mag sie sich gar nicht näher ansehen. Ich entdecke eine zweite Spinne gleichen Kalibers an Sabines Rückenlehne. Wenn ich jetzt was sage, kriegt Sabine Panik. Wie kriege ich die Spinne da weg, ohne dass Sabine etwas merkt. Sabine gehört zu denen, die zuhause im Keller keine Spinne anfassen können, da wurde immer mit Glas und Papier hantiert. Plötzlich springt Sabine panisch davon, eine dritte Spinne krabbelt an ihrem Hosenbein nach oben. Ein Schlag mit der flachen Hand und die Spinne fällt zu Boden. Naomey kreischt, Sabine lässt sich nur schwer beruhigen, denn im Schein der Taschenlampe zählen wir mal eben 14 Spinnen, die an unseren Campingstühlen und an uns hoch krabbeln. Dave kennt sich etwas aus. Es sind Hunterspider, also Jägerspinnen, die keine Netze bauen sondern aktiv auf Jagd gehen, große eklige, aber relativ ungefährlich. Ihr Biss ist von Schmerz und Auswirkung etwa vergleichbar mit einem Bienenstich. Das beruhigt schon mal etwas. Wir gehen ins Auto, Dave und Naomey ins Zelt. Vorher suchen wir uns gegenseitig nach Spinnen ab. Keine zu entdecken.
Wir sind ausgezogen, unsere Klamotten liegen auf der Sitzbank. Sabine sieht als erste die Spinne, die sich aus dem Klamottenhaufen auf sie zu bewegt. Jetzt im Auto kann Sabine nicht wegrennen, die Panik ist umso größer. Ich bin etwas überfordert, neben mir schreit und strampelt Sabine, sie ist nicht ansprechbar, aber sie müsste sich mal beruhigen, damit ich die Türe aufmachen kann. Zudem gilt meine ganze Aufmerksamkeit der Spinne, ich will sehen, in welcher Ecke sie sich versteckt, denn so ganz wohl ist mir bei dem Gedanken, die Riesenspinne heute Nacht irgendwo im Auto zu haben, dann doch nicht. Irgendwie gelingt es uns dann doch, die Tür zu öffnen und die Spinne nach draußen zu befördern. Sabine schläft die ganze Nacht nicht. Am nächsten Morgen will ich die Spinnen fotografieren, keine mehr da. Lediglich bei Naomey und Dave finden sich noch drei beim Zeltabbauen zwischen Innen- und Außenzelt. Ein Gutes hat das Ganze gehabt, normale Kellerspinnen machen Sabine nichts mehr aus.