Senegal – Unfälle und Schlägerei
Wir sind in Dakar, der Hauptstadt Senegals. Das Taxi vor mir hält am rechten Fahrbahnrand und ich wechsele auf die Seite des Gegenverkehrs. Das mir entgegenkommende Auto hat überhaupt keinen Respekt vor mir und hält nicht an. Gibt’s doch gar nicht. Jetzt wird’s eng – zu eng. Ich fahre dem parkenden Taxi den Seitenspiegel, das Blinkerglas und eine Radkappe ab. An unserem Deutz ist, außer das an einem Reifen etwas Dreck fehlt, kein Schaden zu erkennen.
Der Taxifahrer rechnet kurz zusammen und verlangt 100,- Euro. Ich sehe mir den Schaden genauer an und stelle fest, dass der Außenspiegel der jetzt auf der Strasse liegt, nur mit Isolierband festgebunden war und der Spiegel selbst eine Scherbe eines Kosmetikspiegels war.
Das Blinkerglas war ebenfalls nur mit Isolierband festgeklebt und ist nur abgefallen.
100,- Euro ist das ganze Taxi nicht wert. Bleibt die Radkappe, die wirklich zu Bruch ging. Ich biete 25,- Euro. Wir können uns nicht einigen und sitzen zwei Stunden später auf Verlangen des Taxifahrers bei der Polizei.
„Warum haben Sie den Gegenverkehr missachtet ?“
„Weil ich das größere Auto hab.“
„Wir fahren in Dakar europäisch.“
Der Taxifahrer wird gefragt: „Haben Sie jemals Geld für einen abgefahrenen Spiegel bekommen oder bezahlt ?“
„Nein.“
„Dann nehmen Sie die 25,- Euro und seien froh dass Sie soviel Geld bekommen.“
Zehn Minuten später sind wir wieder auf der Strasse und es wird wirklich europäisch gefahren. Naja, fast.
Dakar gefällt uns gut. Es ist eine europäische Oase. Es gibt italienische Eisdielen und Pizzarien, Läden mit französischem Käse und Wurst. Konditoreien und Metzger mit großer Auswahl und sauberen Kühltheken. Im Internetcafe geht es rasend schnell und Stromausfall scheint man hier auch nicht zu kennen.
Wir genießen es. Endlich ein Stück Fleisch, wo das Tier zerlegt und nicht mit der Machete in Stücke gehauen wurde. Das Fleisch wird nicht in Zeitungspapier oder in ein Stück alten Zementsack gewickelt sondern in unbenutzte Folie und neuem Papier. Die Brote sind ohne Sand gebacken. Hier kann man herrlich leben, sofern man es sich leisten kann, denn die Preise sind ebenfalls europäisch. Auf den Strassen sind neue Mercedes und BMW so selbstverständlich wie in Frankfurts Bankenviertel. Porsche Cayenne und Rolls Roys gehören zum Stadtbild wie die Slums am Rand des Bahnhofes.
Technische Probleme
Eine brüllende Affenherde rennt vor uns über die Straße, suchen vielleicht die Kokosnuss. Ich bremse ab und will einen Gang runter schalten, doch das Kupplungspedal tritt ins Leere. Keine Wirkung. Mal was anderes als Reifenpannen.
Die letzten Reste der Kupplungsflüssigkeit tropfen auf die Straße, der Kupplungsnehmerzylinder leckt. Wir füllen den Vorratsbehälter auf, entlüften das System, und schon beginnt es unter dem Auto stark zu tropfen. Schade, Ersatzteile habe ich dafür nicht mit, aber inzwischen kenne ich den Deutz so gut, dass ich ihn auch ohne Kupplung schalten und fahren kann. In der nächsten Stadt wird sich bestimmt etwas finden, woraus man etwas basteln kann. Tatsächlich finden wir eine passende, neue Ersatzmembran für wenige Eurocent und nach zwei Stunden ist die Kupplung wieder voll funktionsfähig.
Schwieriger war die Reparatur am folgenden Tag. Zuerst dachte ich es sei ein Scherz, als jemand zu mir sagte: „Dein Auto fährt schief“. Ich habe nichts gemerkt, aber bei genauer Hinsicht zeigt sich, dass die Hinterachse verschoben ist. Eine Messung mit Zenitmetermaß ergibt eine Differenz von zwei Zentimeter. Wahrscheinlich haben sich auf den langen Rüttelpisten die Federbrieden gelöst und so konnte die Achse verrutschen. Auf einem Feldweg neben der Straße löse ich die Brieden und versuche die Achse mit einem Spanngurt zurück zu ziehen, aber ohne Erfolg. Jetzt wäre eine Stockwinde gut, um den gesamten Aufbau anzuheben und die Feder zu entlasten, aber eine solche Winde hatte ich zu Hause verkauft, weil man solch ein schweres Ding bestimmt nie brauchen wird. Hinterher trauern hilft nicht weiter, also müssen wir uns eine Stockwinde bauen.
Mit der Säge ist schnell ein Baum gefällt, aus dem Stamm ein schönes gerades Stück von 70 Zentimeter heraus gesägt und mit dem Wagenheber unter den Fahrzeugrahmen geklemmt. Jetzt konnte der Aufbau langsam nach oben gehoben werden. Tatsächlich, die Achse verschiebt sich und kommt zurück in ihre ursprüngliche Stellung. Schnell sind die Federbrieden wieder fest angezogen, der Spanngurt gelöst und der Aufbau abgesenkt. Nach vier Stunden rollt der Deutz wieder gerade aus.
Korruption in Senegal
„Das Parken ist hier verboten“, was will der uniformierte Polizist von mir ? Ich stehe am Straßenrand in Dakar wie viele andere Autos auch, kein Schild zeigt ein Parkverbot an und ich habe nur gehalten um schnell ein Foto von der Stadt zu machen.
„Pass, Führerschein, KFZ-Versicherung“. Der Polizist ist unfreundlich, noch nicht mal ein Guten Tag hat er für mich übrig.
Meine Papiere verschwinden in seiner Tasche und er schreibt einen Strafzettel.
Mit diesem Strafzettel soll ich in die Stadt zurück fahren, auf der Polizeistation die Strafe zahlen, die dort festgesetzt wird und mit der Quittung zurück kommen, dann bekomme ich meine Papiere wieder. Wir sind froh, aus der Stadt raus zu sein, wir wollen nicht noch mal zurück. Diskussionen nützen nichts, ich werde langsam gereizt, denn alles was er sagt ist: „Du zahlst“.
Ich gebe auf, nehme den Strafzettel und gehe zum Auto. Er folgt mir und flüstert mir zu: „Gib mir etwas Geld und du bekommst deine Papiere“.
„Du kriegst kein Geld“. Auf dem Weg zurück in die Stadt ärgere ich mich über mich selbst, warum habe ich ihm nicht etwas Geld gegeben und wir wären jetzt auf dem Weg in unsere Richtung, statt uns hier durch das Verkehrsgewühle zu zwängen.
Bei der Polizeistation beschweren wir uns. Die Strafe wird zur Hälfte erlassen, umgerechnet drei Euro müssen wir zahlen.
Unsere Papiere bekommen wir beim Polizisten ohne Schwierigkeiten zurück.
Tage später die gleiche Situation, diesmal in St. Louis. Der Polizist winkt uns rechts ran, verlangt unsere Papiere. Er lässt sich Warndreieck, Feuerlöscher und Verbandskasten zeigen. Alles in Ordnung. Dann behauptet er, ich hätte beim Anhalten nicht den Blinker nach rechts gesetzt. Wieder ein Strafzettel und die Aufforderung, diesen in der Stadt zu bezahlen oder ihm etwas Geld zu geben. 50,- Euro ist sein Preis. Nach fünf Minuten einigen wir uns auf zwei Euro und ich habe das erste Mal einen Polizisten bestochen, um eine Ordnungswidrigkeit aus der Welt zu schaffen, die ich nicht begangen habe.
Schlägerei
Einige Kilometer vor St. Louis gibt es eine schöne Strandbar, die von einem Schweizer geführt wird und sich zu einem Globetrottertreffpunkt entwickelt hat.
Tatsächlich, hier treffen wir erstmals seit langem wieder auf andere Touristen, die ebenfalls mit dem eigenen Geländewagen unterwegs sind. Die „Zebrabar“ liegt wunderschön am Rand eines Naturparks. Wir können Kanutouren unternehmen, vom Aussichtsturm Vögel beobachten oder einfach in der Bar sitzen und Gespräche führen. Super. Auf dem weiten Gelände sucht man sich seinen Stellplatz und sieht von den Anderen nicht viel.
Am zweiten Abend sitzen wir mit Niederländern vor deren Auto. Es ist acht Uhr und die erste Flasche Wein gerade geöffnet, als plötzlich aus dem Dunkeln ein Mann auf unseren Platz kommt: „Was fällt euch ein, hier so ein Krach zu machen, ihr spinnt wohl, ihr Idioten“, waren seine Begrüßungsworte. Es folgt ein Schwall weitere Beschimpfungen und Beleidigungen gegen die Holländer.
„Nicht überreagieren, der ist völlig betrunken“, ich habe die Worte kaum ausgesprochen als mich auch schon ein Schlag ins Gesicht trifft.
Der Holländer springt auf, der Stuhl fliegt um und mit zwei Schlägen geht der Besoffene zu Boden. Die Schlägerei war so schnell zu Ende, ich bin gar nicht zum Austeilen gekommen.
Sabine hat inzwischen den Besitzer geholt, der aber nur sagt: “Da kann ich nichts machen“.
Später erfahren wir, der Besoffene ist ebenfalls Schweizer und verbringt jedes Jahr einige Wochen saufend in der Bar.
Mauretanien und die West-Sahara haben wir in wenigen Tagen durchfahren und verbringen einige Tage an einem einsamen Strand, der nur über eine lange schwierige Piste zu erreichen war. Hier wird nie jemand her kommen. Am nächsten Tag hören wir Motorengeräusch.
Ein weißer Lkw kommt am Strand entlang gefahren, sieht uns und fährt auf uns zu. Wir denken an ein Militärfahrzeug, doch die Überraschung ist groß: Es ist Karsten, ein Freund aus Heidelberg, der ebenfalls einen Magirus-Deutz fährt und in Marokko die Wintermonate verbringt. Die folgenden Tage reisen wir zusammen und machen uns auf den Weg nach Agadir.
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