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Three Sisters
Südliches Afrika

Südafrika – Abgezockt und Einladung in puren Luxus

Unser Haus

Unser Haus

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich auf der Terrasse einer Luxussuite, die wir für ein paar Tage zur Verfügung haben, inmitten eines Golfparks. Mein Blick reicht über den gepflegten Rasen hin zu einem kleinen See, indem sich Nilpferde und Krokodile tummeln. Hinter unserem Haus mit Kaminzimmer, drei Schlafzimmer und zwei Bäder ist der eigene Swimmingpool, neben mir ein Glas Campari-Orange. Für Golfspieler hat unser Platz etwas besonderes zu bieten. Warnschilder weisen auf die Gefahr von Hippos und Krokodilen in den Wasserlöchern hin. Warum wir hier sind? Langsam, der Reihe nach.

Südafrika – man hatte uns gewarnt. Vor den intellektuellen Fehlleistungen der Buren, ihrer Borniertheit und ihren geistigen Kurzschlüssen, so zumindest der Afrikakenner Peter Scholl-Latour. Gewarnt waren wir von Lars, einem Deutschen, der in Namibia ein Abschleppunternehmen betreibt: „Passt auf, die Buren sind sehr auf ihren Vorteil bedacht und die kennen kein schlechtes Gewissen, gegenüber Deutschen schon gar nicht. Wenn ich mit meinem Abschlepper raus muss und da liegt dann ein Bure mit seinem Landcruiser auf dem Dach, da freut man sich auch mal.“

Und so sind sie:

Es fängt gleich hinter der Grenze in Messina an. Wir kommen aus Zimbabwe, fahren zum Supermarkt und ergänzen unsere Vorräte. Unser Wassertank ist leer und das ist ein größeres Problem, als man meint. Wasser gibt es genug, auch Wasserhähne bei Tankstellen, Geschäften, Restaurants usw. aber das schwarze Personal hat Anweisung, kein Wasser abzugeben. Egal, wir werden im noblen Wohnviertel Wasser bekommen, dort wird den ganzen Tag der kurzgeschnittene Rasen besprenkelt und jeder hat ein oder zwei „Boys“ für die Gartenarbeit.
Die weiße Burenfrau im Garten einer Villa klärt uns auf: „Wenn wir erlauben, dass jemand Wasser bekommt, dann kommen die ganzen Schwarzen und füllen ihre Kanister. Seitdem die Schwarzen regieren, haben wir nicht mehr soviel Geld, dass wir denen was abgeben können.“ Der schwarze Boy, der gerade die neue E-Klasse poliert, guckt kurz auf und grinst mich an. Ich weis nicht, ist es das freundliche Grinsen, wie es fast jedem Schwarzen in die Wiege gelegt wird oder ist es Schadenfreude, dass ich nun auch um Wasser betteln muss?
„Wenn es nur eine Frage des Geldes ist, bin ich natürlich bereit für das Wasser zu zahlen.“
Ein kurzes Zeichen, und der Wagenwäscher reicht mir den Wasserschlauch über den Elektrozaun, der auf der hohen Grundstücksmauer montiert ist. Das Tor bleibt verschlossen.
Wenige Minuten später, unser Tank ist mit 150 Liter etwa halb voll, wird die Wasserzufuhr unterbrochen. „Das reicht bestimmt, der Boy muss jetzt das Auto weiter waschen.“  Ich bin verdutzt und frage nach dem Preis. „Gebt mir 20 Dollar“. „Sie meinen 20 Rand (1,80 Euro)“. „Nein, 20 Dollar US.“ Ich zahle – breites Grinsen des Schwarzen hinter dem Mercedes.
Ich schicke eine e-mail an Lars, er möge beim nächsten Buren, der mit seinem Auto auf dem Dach liegt, die 20 Dollar auf die Rechnung oben drauf packen.

Im Internetcafe der gleichen Stadt am gleichen Tag.
Nach fast sechs Stunden habe ich alles erledigt. „Was kostet es?“ „Gehört euch der violette Laster vor der Tür?“ „Ja.“ „Dann braucht ihr das Geld bestimmt noch auf eurer Reise, ihr zahlt heute mal nichts.“

Am Abend stehen wir am Rand eines nicht eingezäunten aber abgeernteten Tomatenfeldes. Es dauert keine zwei Stunden und man hat uns entdeckt. Eine KTM-Cross-Maschine fliegt auf uns zu. „Das gibt Ärger“, ahne ich und affe schon mal den burischen Bauern nach. „Hey, you have to go – this is my Land.“ Die Diskussionen kennen wir schon.
„Hey, ich bin Jan, mir gehört das Feld auf dem ihr steht, aber warum kommt ihr nicht mit zu mir, da könnt ihr das Gästezimmer und die Dusche nutzen?“
„Wir haben alles was wir brauchen, suchen nur einen Platz für die Nacht.“
„Ich bin gleich zurück.“ Jan gibt Gas und eine Staubwolke rast zum Horizont.
15 Minuten später: „Hier, ich hab euch ein paar Tomaten mitgebracht und ein Sixpack Bier „Windhuk Lager“ hatte ich auch noch im Eisfach. Ihr könnt solange bleiben wie ihr wollt und wenn ihr was braucht, frisches Gemüse oder Wasser, kommt einfach vorbei.“

Elefanten im Krüger NP

Elefanten im Krüger NP

Fleisch und Lebensmittel sind billig in Südafrika und der Bure (fr)isst viel, vor allem Steaks und Boerewors, eine Bratwurst, wo ich nicht weiß, ob mehr Fett oder Fleisch verarbeitet wird. Das Resultat kann sich sehen lassen und an einigen Stühlen entdecke ich Hinweisschilder: „max. 125 kg“. Aber nicht nur das viele fette Essen macht den Buren dick, hinzu kommt Bier, teils schon am morgen und keinerlei Bewegung. Das geht soweit, dass selbst auf dem Campingplatz, wo es maximal 40 Meter bis zum nächsten Lokus sind, diese mit dem Auto gefahren werden, auch wenn man dafür 70 Meter fahren muss.
Folgende Beobachtung trifft für 90 % der Buren zu und ist von mir maximal 25 % übertrieben dargestellt:
Der Bure macht gerne Campingurlaub, liebt die Natur, fettes Fleisch, Bier und Brandy. Als Fahrzeug bevorzugt er einen Pick-up Geländewagen – japanischer Herkunft – auf gar keinen Fall einen Landrover, denn der kommt von den Briten und da werden Erinnerungen an den Burenkrieg gegen die Engländer von 1899 wach. Hinten am Geländewagen hängt entweder ein Wohnanhänger oder ein Transportanhänger mit Klappdeckel.
Zunächst wird der Campingplatz erkundet, welcher Platz könnte der Beste sein. Dazu werden drei Runden mit Anhänger über den Platz gefahren. Keiner regt sich auf, macht jeder so (wir mittlerweile auch). Ist der Platz gefunden und die Kasparbude abgekuppelt und ausgerichtet, wird die Stromversorgung sichergestellt und schon mal die erste Büchse Bier geöffnet. Camping ohne Strom ist für einen Buren nicht möglich, denn meist befinden sich bis zu drei Kühlboxen auf der Ladefläche des Pick-ups voll mit Fleisch, Bier und Eis. Und der Bure liebt zwar die Natur, aber nicht ohne Klimaanlage. Dann wird aufgebaut: Vorzelt, zweites Vorzelt, zweite Dose Bier geöffnet, weiter mit Tisch, Stuhl, Schränkchen, Teppich, Bügelbrett – ja richtig gelesen – Lampe, Wäscheleine, Schuhschrank etc. Im ersten Moment denkt man, die ziehen um, aber falsch, am nächsten Tag wird alles wieder abgebaut und dann geht es auf das nächste Camp. Ist nach zwei Stunden alles aufgebaut fährt man zur Rezeption und erledigt den Papierkram. Anschließend die dritte Dose Bier, es wird über das schwarze Personal geschimpft, das den Platz nicht sauber hält, die Reservierung nicht gemanagt kriegt und überhaupt war zu Zeiten der Apartheid alles besser.
Beim vierten Bier wird der Grill angeworfen und die Fleischberge werden vorbereitet. Vorher wird der Bakkie, wie sie ihren Pick-up nennen, unter dem Baum im Schatten geparkt. Dieser muss alle zwei Stunden dem Sonnenstand entsprechend umgeparkt werden. Eigentlich eine unsinnige Maßnahme, denn bevor man losfährt, wird der Wagen ein paar Minuten laufen gelassen, damit die Klimaanlage den Innenraum runterkühlt. Wahrscheinlich ist das Schattenparken noch ein Relikt aus der Zeit, als es noch Autos ohne Klimaanlage gab. Die älteren Semester können sich vielleicht noch an diese harten Zeiten erinnern.
Nach dem Grillen geht’s mit Chips und Cola-Brandy vor den Fernseher. Für den Grill und den Abwasch gibt es schwarzes Personal auf jedem Campingplatz, das sich für ein Taschengeld um die unangenehmen Dinge kümmert. Wobei das, was ihr (deutsche Leserschaft) als Taschengeld bezeichnet, hier ein Monatslohn darstellt.

Um diesem ganzen Treiben etwas zu entgehen, buchen wir ein paar Nächte auf einer Campsite ohne Stromversorgung, davon gibt es ein paar Wenige im Park. Dachten wir, hier mehr Natur zu genießen und die Luxuscamper hinter uns zu lassen. Dabei hätten wir es uns denken können, natürlich hat jeder Naturliebhaber in seinem Geräume einen Notstromgenerator dabei.

Mit einem Nachbarn halte ich einen kurzen Smalltalk, der Anhänger ist angekuppelt und der Motor muss nur noch den Innenraum abkühlen bevor es los geht. Er schimpft auf die schwarze Regierung, die unfähig ist, alles runter wirtschaftet  und jetzt auch noch tatenlos zusieht wie der Ölpreis steigt. In seiner Hand hält er schon sein Kärtchen bereit und ich vermute, dass gleich die Einladung folgen wird. Mein Argument, dass man nicht an Allem die Schwarzen zur Verantwortung ziehen könne, lässt sein Kärtchen wieder in seiner Tasche verschwinden.

Soviel erst mal zu den Buren, demnächst gibt es mehr.

Alarmstufe rot

Roteltours

Roteltours in Südafrika: Die Gruppe bietet mehr Abenteuer als die Reise

Es gibt ein Reiseunternehmen aus Passau, das Campingreisen rund um den Globus anbietet. Man behauptet zwar, es sei ein rollendes Hotel und daher leitet sich auch der Name „Roteltours“ ab, aber die Käfighaltung der Reisenden in dem Schlafanhänger hat mit Hotel soviel gemeinsam wie ein Spatz mit einem Hähnchen.
Die Mitreisenden sind meist älteren Semesters, wissen viel, sind aber nicht in der Lage, die Briefmarken für die Postkarten ohne Hilfe des Reiseleiters zu organisieren (die berühmten Ausnahen gibt’s natürlich auch hier). Würde man sie nicht an die Hand nehmen, wären sie jetzt nicht hier. Normalerweise haben wir keinen Kontakt, wir schlafen draußen im Busch, sie auf Campingplätzen, aber gelegentlich ist es unausweichlich, so wie hier im Nationalpark, wo jeder gezwungen ist, auf einem Campingplatz zu übernachten.
Der Ablauf ist immer der Gleiche: Nach der Ankunft rennen 30 Leute auf die üblichen zwei Toiletten, die es auf afrikanischen Durchschnittscampingplätzen gibt. Die Toiletten sind danach nicht mehr zu benutzen. Eine Hälfte verbreitet dann Krach und Hektik, während die andere Hälfte die Duschen blockiert. Spätestens wenn auch die zweite Hälfte die Dusche genutzt hat, bricht die Wasserversorgung zusammen. Das warme Wasser reicht sowieso nur für die ersten vier. Am Abend schallen dann deutsche Volkslieder über den Campingplatz.
In Djanet erzählte mir vor Jahren ein Deutscher von seinen Abenteuern, mit dem Mercedes quer durch die Wüste, Sand schaufeln, Bleche tragen etc. Auf meine Frage, wo er denn seinen „Mercedes G“ stehen habe, zeigte er auf den roten Bus von Roteltours.

Wir biegen ein auf das Skukuza-Camp und Sabine ruft: „Alarmstufe rot!“
Da steht er, dass 22 Meter lange rote Geschoss. Willi, der Fahrer winkt, als er uns sieht. Die Fahrer sind afrika-erprobt, zerlegen ihren Laster in alle Einzelteile und bauen ihn innerhalb einer Nacht wieder zusammen, sie organisieren Dinge, die wir nur einfliegen lassen könnten und haben Ortskenntnisse, da könnte mancher lokale Führer was lernen.
Kurzer Smalltalk und Willi meint: „Meine Truppe ist noch unterwegs, aber um 6 gibt’s Essen. Kommt doch rüber, ich lade euch ein, ob ich für 36 oder 38 Personen koche, ist das gleiche und ein kaltes Bier habe ich auch noch.
Was es zu essen gibt, können wir uns denken, im Mülleimer haben wir eine Dose Sauerkraut entdeckt, mit der Aufschrift „72 Portionen“.
Und so ist es auch, Kartoffelbrei, Sauerkraut und Kasseler Rippchen. Die Reste werden normalerweise weg geworfen, aber die Mannschaft besteht darauf, das wir sie mitnehmen und verwerten, wäre ja schade darum. Also trage ich etwa 20 Portionen Sauerkraut und Kartoffelbrei nach Hause. „Es ist wie Weihnachten“, freue ich mich. Fünf Tage Sauerkraut, meine Freude schwindet von Tag zu Tag und kommt erst so richtig zurück, als das Kraut endlich alle ist.

Aber wie kommen wir hier in diese Luxusvilla?

Ganz einfach: Wir parken auf dem Parkplatz des Supermarktes und ich schließe gerade unsere Türen ab. Neben mir stoppt ein Pkw und die Frau auf dem Beifahrersitz fragt nach dem Woher, wohin, wie lange und warum. Nichts ungewöhnliches, kurzer Smalltalk, keine zwei Minuten. Im Supermarkt, wir stehen gerade vor dem Kühlregal, werde ich von eben jener Frau angesprochen: „Kommen Sie bitte mit nach draußen, mein Mann möchte sie sprechen.“
„Man kann noch nicht mal in Ruhe einkaufen“, denke ich mir.
Draußen auf dem Parkplatz ging dann alles ganz schnell: „Wir haben ein kleines Häuschen auf dem Golfplatz keine drei Kilometer von hier gemietet, aber wir müssen geschäftlich früher zurück nach Pretoria, wenn ihr wollt könnt ihr die letzten Tage dort wohnen. Es ist alles bezahlt. Wollt ihr?“
„Ja, aber …“
„Hier ist der Schlüssel, ich sage der Zimmerlady, dass sie sofort das Bett neu bezieht und neue Handtücher in die Bäder legt. Genießt eure Tage.“
Beim Golf-Resort haben wir kurz an der Rezeption gefragt, ob das alles kein Trick ist: „Nein, es ist wirklich alles bezahlt und Sie können bis Freitag morgen 10 Uhr bleiben. Geben Sie dann einfach den Schlüssel hier ab.“

Blick von unserer Terrasse

Blick von unserer Terrasse

Burkhard Koch reiste im Alter von 15 Jahren mit dem Fahrrad und Schlafsack frei durch Deutschland. Die Reiseleidenschaft wurde perfektioniert. Heute reist er ständig mit seiner Frau Sabine und einem Allrad-Lkw. Burkhard Koch schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine.

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