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Blyde River in Südafrika
Südliches Afrika

Die Buren in Südafrika

Wir waren ein paar Tage im Nebel verschwunden. Es fing gut an, die Panoramastraße entlang des Blyde-River, doch nach wenigen Kilometern war die Sicht auf ein paar Meter reduziert. Dichte Nebelschwaden verwehrten jede Aussicht. Zum Glück war die Gegend extrem waldreich und wir fanden einen schönen Platz auf einer Waldlichtung. Ungestört konnten wir dort auf besseres Wetter warten. Das daraus fast drei Wochen werden sollten, konnten wir da noch nicht ahnen. Als dann der Nebel verzog, konnte ich im Regen ein paar Bilder machen und meiner Meinung nach eines der Besten.

Die Buren

Die Zeit im Nebel habe ich mich gefragt, wie kommt eigentlich ein bodenständiger, niederländischer Bauer nach Südafrika? Und jetzt hole ich mal richtig aus:
Es begann damit, dass unser Ur-Ur-Ur-Ur …. Urgroßvater gerne Reis mit Curry vom Porzellanteller essen wollte statt Kohl mit Senf vom Holzbrettchen. Karawanen transportierten Gewürze, Seide, Porzellan und andere Köstlichkeiten von Indien über Land nach Europa. An diesem Handel und Transport verdienten Araber, Türken und andere Völker entlang der Seidenstraße prächtig und natürlich auch die Straßenräuber, es war eben schon immer die Achse des Bösen. Das passte unserem Ur-Ur…Großvater gar nicht und es sollte ein neuer Weg nach Indien gefunden werden. Das war die Zeit der großen Seefahrernationen. Portugal, Spanien, England und Niederlande. Die Portugiesen entdeckten den Seeweg ums Kap als Erste (1498). Der gefundene Weg war über 150 Jahre das best gehütetste Staatsgeheimnis der Portugiesen. An der Kap-Region hatten sie kein Interesse, gründeten lediglich einen Stützpunkt in Mosambik und Angola. Das Transportmonopol der Araber war gebrochen und die Portugiesen schöpften den Rahm ab. Lissabon und Goa, die portugiesische Hafenstadt in Indien, entwickelten sich zu den reichsten Städten der Welt.
Die Spanier segelten nach Westen und entdeckten die Indianer in Amerika.
150 Jahre später (1650) segelten die Holländer ebenfalls erstmals ums Kap. Im Gegensatz zu den Portugiesen gingen sie in Kapstadt an Land, hier gab es frisches Wasser und die Khoikhoi, die Hottentotten, verkauften ohne zu murren ihr Vieh und Gemüse. Eigentlich alles in bester Ordnung, nur der Schiffsverkehr nahm zu, die Khoikhoi erhöhten ständig die Preise für Vieh und waren mit ihren Ackermethoden bald nicht mehr in der Lage, die vielen Schiffe mit Lebensmitteln zu versorgen. Also legten in Amsterdam 90 Bauern  mit Hacke, Schaufel und Saatgut ab, darunter auch wenige Frauen und Kinder. Aus Westafrika holte man zur Unterstützung 400 Sklaven.
Die Khoikhoi bekamen einen Tritt, meist jedoch eine Ladung Schrot in den Allerwertesten und wurden von ihren Äckern vertrieben. Zur Versklavung waren sie nicht geeignet, den Bauern (Buren) waren sie zu faul.
Die Geschäfte liefen gut, Bauern, Viehzüchter und Händler verdienten besser als die Araber vorher. Immer mehr holländische Bauern siedelten ans Kap. Zudem kamen 14.000 Deutsche und die in Frankreich verfolgten Hugenotten nicht zu vergessen. 26.000 Sklaven wurden angeschifft.
Aber es waren überwiegend europäische Männer, die an Land gingen, der Anteil weißer Frauen lag bei 10%. Folglich hatten die Männer wenig Freude. Ein Freudenhaus musste her und in Kapstadt war der Puff eines der ersten Gebäude. Die Bauern und Viehzüchter freuten sich der Sklavinnen und so hatten Dreiviertel der von schwarzen Frauen geborenen Kinder weiße Väter, die Volksgruppe der Mischlinge wurde geschaffen.
Die Jahre gingen dahin mit Säen, Ernten und Kinder zeugen. Die Buren lebten bescheiden, sie waren strenggläubige Calvinisten. Fleiß, Sparsamkeit und harte Arbeit galten als Tugend und die Bibel war oft das einzige Buch im Haus. Dass in Europa die Zeit der Aufklärung begann, dass sich die Wissenschaft zum Gegensatz der religiösen Doktrin entwickelte, dass die Industrialisierung einsetzte, davon bekamen die frommen Bauern am Kap nichts mit. Im Gegenteil, sie steigerten sich in ihrem religiösen Wahn, glaubten schließlich, das auserwählte Volk Gottes zu sein. Schon in der zweiten Generation waren die Buren davon überzeugt, schon immer am Kap gewesen zu sein und das Ausbeuten von Sklaven sei ihre von Gott gegebene Bestimmung.
Das Leben änderte sich 150 Jahre später (um1800) als die Engländer in ihrem imperialistischen Wahn eine Kolonie von Kapstadt bis Kairo schaffen wollten. Sie waren aufgeklärt und modern, den Buren intellektuell und militärisch weit überlegen. 1815 kauften die Engländer die Kapregion von den Niederländern ab. Englisches Recht wurde eingeführt und die Sklaverei abgeschafft. Die Abschaffung der Sklaverei und der Unterdrückung der Khoikhoi führte bei den Buren zu einem grenzenlosen Hass gegen die Engländer.

Die südafrikanische Autorin Riana Heymanns gab in ihrer Arbeit zum Voortrekker-Monument noch 1986 eine typisch burische Erklärung: „Mit der Machtübernahme der Engländer am Kap hatte sich die Lage der Buren entscheidend verschlechtert. Vor allem die Hottentotten, die afrikanischen Ureinwohner, wurden von den Engländern als ‚unschuldige Naturkinder’ und Unterdrückte dargestellt. Deswegen entstand unter den Buren das Bedürfnis, ein Land weit außerhalb des Machtbereiches der Kapregierung zu finden, um dort in Frieden und Freiheit zu leben.”

Die Buren widersetzten sich den neuen Herren, packten ihre Sachen und zogen mit Planwagen, Sklaven, Vieh und Hausrat ins Landesinnere. Schwarze Stämme, die sich ihnen in den Weg stellten, wurden niedergeschossen. Die nächsten Jahre kämpfte jeder gegen jeden. Briten gegen Schwarze, Buren gegen Briten, Buren gegen Schwarze. Sobald sich die Buren im Landesinneren niederließen und dort irgendetwas zu holen war, Gold, Diamanten oder andere Bodenschätze, waren die Briten zur Stelle und erklärten das Gebiet zum englischen Kolonialbesitz. Die Kämpfe zwischen Buren und Briten wurden heftiger und gipfelten um 1900 in dem Befehl der Briten, den Buren die Lebensgrundlage zu entziehen. Die Briten brannten 30.000 Farmen nieder und zerstörten die Ernte. Konzentrationslager (Concentration Camps) wurden errichtet in denen innerhalb zweier Jahre 28.000 Buren und 14.000 Schwarze an Hunger und Krankheit starben.
1902 wurde ein Friedensvertrag zwischen den Buren und den Briten geschlossen. Obwohl die Buren besiegt waren, konnten sie einige Bedingungen aushandeln. Zum einen die Verwendung ihrer Sprache und die Verweigerung des Wahlrechts für die schwarze Bevölkerung.
1910 wurde Barry Herzog – ein ehemaliger General der Buren und Rassist – Minister für Angelegenheiten der Eingeborenen. Er brachte die Landreform durch, die 92,7 % des Landes an 1,3 Mio. Weiße und 7,3 % des Landes an 4 Mio. Schwarze verteilte.
Barry Herzog war clever, stachelte hier ein paar Leute auf, goss dort Öl ins Feuer und wurde 1924 zum Premierminister gewählt. Jetzt konnte er seine rassistischen Ideen unter dem Jubel der meisten Buren durchbringen. Firmen wurden Steuererleichterungen gewährt, wenn sie nur weiße Arbeiter beschäftigten, Afrikaans, das alte Holländisch der Buren, wurde zweite Amtssprache. Qualifizierte Arbeitsplätze durften nur noch an Weiße vergeben werden.
Im Laufe der Jahre wurden die Gesetzte der Rassentrennung ständig verschärft. Mischehen wurden verboten, selbst sexuelle Beziehungen unterschiedlicher Rassen wurden unter Strafe gestellt. Die Townships entstanden, denn jede Rasse hatte ein eigenes Wohngebiet zugewiesen bekommen. Alles wurde getrennt. Bushaltestellen, Restaurants, Parkbänke, Strandabschnitte uvm. entweder für Weiß oder für Schwarz. Bestimmte Institutionen z.B. Universitäten waren den Schwarzen komplett verwehrt. In den Schulen der Schwarzen wurde keine Physik, Mathematik und Chemie unterrichtet und der Unterricht fand in ihrer Stammessprache statt, das Ziel war klar: Den Schwarzen jede Möglichkeit von Entwicklung zu rauben und die Vorherrschaft der weißen Minderheit auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet zu schützen und zu festigen. Offiziell wollte man die Jugendlichen vor liberalem „Einfluss“ schützen.

Da mehr als zwei Seiten nicht gelesen werden, höre ich jetzt erst mal auf. Demnächst mehr zur Apartheid, Nelson Mandela, den Buren, den Schwarzen und dem Leben in Südafrika.

Liebe Grüße
Sabine und Burkhard

Burkhard Koch reiste im Alter von 15 Jahren mit dem Fahrrad und Schlafsack frei durch Deutschland. Die Reiseleidenschaft wurde perfektioniert. Heute reist er ständig mit seiner Frau Sabine und einem Allrad-Lkw. Burkhard Koch schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine.

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