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Äthiopien
Kapstadt - Kairo

Äthiopien

Die Einreise ist problemlos. In dem Gebiet des Omo-Flusses leben noch einige sehr traditionelle Stämme, wie die Mursi, Hamer, Karo und einige mehr. Diese Stämme, die weit ab von der Zivilisation ihr traditionelles Leben führen, sind natürlich das Ziel vieler zivilisierter Reisender und so trifft man hier auf mehr weiße, Fotoapparat behangene Touristen als auf geldgierige Einheimische. Das Geld der Touristen wird in Alkohol umgesetzt und so ist am Nachmittag jeder Mursi besoffen.

Hamer Frau im Omo-Tal

Hamer Frau im Omo-Tal

Das Leben in Äthiopien ist nicht nur preiswert, sondern billig, sofern man es schafft, den Preis der Einheimischen zu zahlen, denn der gemeine Äthiopier berechnet dem Fremden gerne mal das Doppelte oder ein vielfaches und lässt auch sonst keine Chance aus, ihn zu bescheißen. Kleines Beispiel: Wir zahlen auf dem Markt für Tomaten, Zwiebeln etc. immer 10 Birr fürs Kilo. Bitten wir einen Einheimischen, uns die Dinge zu besorgen, bekommen wir sie für 4 Birr. Wasser an den öffentlichen Zapfstellen kostet 2 Birr für 100 Liter, dem Fremden kassiert man 1 Birr pro Liter ab. Okay, uns kann es eigentlich egal sein, den 1 Euro sind 19 Birr und so belaufen sich die Betrügereien alle im Klimpergeldbereich, aber man muss ständig auf der Hut sein.

Kaffee

Man vermutet es nicht, aber die Kaffee-Kunst beherrschen sie perfekt.

Das Beste in Äthiopien ist zweifelsfrei der Kaffee. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so leckeren Kaffee getrunken habe, sieht man mal von dem bei Jana und Thorsten und Carsten und Anja ab. Den Macchiato mit perfekt geschäumter Milch gibt’s für umgerechnet 13 Eurocent im Cafe und für 20 Cent mehr gibt’s auch noch ein Stück Kuchen dazu. Aber beim Kuchen ist Vorsicht geboten, nirgendwo sonst in Afrika hörten wir von Pauschaltouristen, die auf einheimische Restaurants angewiesen sind, von so vielen Fällen mit Magen-Darm Problemen. Aber bei meinem Stück Kuchen kann nicht viel passieren, die Bakterien müssten in den zwei Wochen, in denen das Stück in der Vitrine lag, alle vertrocknet sein.

Noch nie haben wir so frischen Kaffee getrunken

Noch nie haben wir so frischen Kaffee getrunken

Aber zurück zum  Kaffee. Äthiopien ist das Kaffeeland schlechthin. Hier wurde der Kaffee entdeckt, zunächst roh gekaut und dann von Mönchen geröstet und als Aufputschgetränk für lange Gebetsrunden genossen. Auch heute noch wird in fast jedem Haus am Nachmittag eine kleine Kaffeezeremonie abgehalten. Die Bohnen werden gewaschen, auf dem Feuer geröstet und mit dem Möser zu Kaffeemehl zerstoßen und mit heißem Wasser aufgebrüht. Auf das Feuer werden dann Weihrauchblätter gelegt, der Qualm vertreibt die Fliegen und verbreitet einen angenehmen Duft, der sich mit frischem Kaffeeduft mischt. Herrlich.
Und der Geschmack erst. Der Unterschied zu einem deutschen Kaffee ist so unterschiedlich wie ein frisch gezapftes zu einem zwei Tage offen abgestandenes Bier, um den Kaffee mal mit unserem Mönchsgetränk zu vergleichen.

 

Geburtstagsfeier auf Südafrikanisch

landrover defender

Treffpunkt ist die Pizzeria in Addis Abeba

Wir hatten völlig falsche Vorstellungen von der Campsite in Addis Abeba. Wim, ein Holländer betreibt ein Bierlokal mit Restaurant und sein Garten, indem man für 7 Euro die Nacht campen kann, soll so eine Art Globetrottertreffpunkt in Äthiopien sein. Den Müll im Garten interessiert keinen und den Chef schon mal gar nicht, ständig muss man auf der Hut sein, um nicht in Hundeschiss zu treten, den Wim’s Köter auf dem ganzen Platz verteilen. Die einzige Dusche hat nicht immer Wasser und warmes Wasser schon gar nicht. Letztendlich bleibt der Eindruck, Wim will sich mit seinem Garten nur seine Sauferei finanzieren. Schade, dabei könnte es eine Goldgrube sein, denn alle Reisenden kommen irgendwann durch Addis.

So auch die Gruppe Reisender, die mit zwei Landrover und zwei Landcruiser ein paar Tage  vor uns in Nairobi gestartet waren. Wir freuen uns über die Abwechslung, nicht immer nur alleine zu sein.
Am folgenden Tag hat Bob Geburtstag und wir sind Abends ins Restaurant eingeladen. Als Geburtstagsgeschenk hat Sabine zwei Kuchen gebacken und ich bin den halben Tag durch Addis gelaufen, um die Zutaten aufzutreiben.
Bob hat in einem Restaurant ein Tisch für 12 Personen reserviert und das Essen ist perfekt. Eine Art Büffet mit allem was die äthiopische Küche an traditionellen Leckereien zu bieten hat. Eine Tänzerin war engagiert um ein paar traditionelle Tänze zu zeigen. Natürlich darf im Land des Kaffees als „Nachtisch“ eine traditionelle Kaffeezeremonie nicht fehlen, zu der – nicht ganz traditionell – Sabines Kuchen gereicht wird.
Ein schöner Abend geht zu Ende und der Chef bringt die Rechnung. Alles zusammen, mit Getränken, Tänzerin und so, macht umgerechnet 74 Euro. Woher ich das weiß? Bob nimmt den Taschenrechner, teilt die Summe durch 12 und jeder der geladenen Gäste hat seinen Anteil an der Geburtstagsfete zu zahlen. Übrigens die erste Geburtstagsfete in unserem Leben, wo man uns anschließend die Rechnung präsentiert und auch die erste Geburtstagsfete, bei der wir anschließend den halben Geburtstagskuchen wieder einpacken und mit nach Hause nehmen.

Shit – Video-Kamera gestohlen

Es ist Nachmittags gegen 15 Uhr. Wir cruisen im 5 Gang mit etwas erhöhtem Standgas auf erstklassiger neuer Asphaltstraße durch die Landschaft, 10 km nördlich von Dessie. Zwei Toyota Landcruiser mit deutschem Kennzeichen kommen uns entgegen und ich trete mal leicht aufs Bremspedal, damit die Stopplichter aufleuchten, um zu sehen ob die anderen ebenfalls für einen kleinen Plausch anhalten. Auch deren Stopplichter leuchten auf und ich trete das Bremspedal fester durch. Wir stehen hinter unserem Auto in einem Dorf mit einer Hand voll Hütten, erzählen und merken nicht, wie die Zeit vergeht. Etwa eine Stunde später will Sabine etwas zu schreiben holen und ich höre ihr Schreien. Jemand war in unserem Führerhaus, Dinge sind auf dem Boden verstreut. Das Einzige was fehlt ist die Videokamera. Scheiße, 600 Euro weg.
Bis vor einer Viertelstunde waren 40-50 Kinder und Jugendlichen aus dem Dorf um uns versammelt und nervten mit Forderungen nach Geld. Wie auf ein unsichtbares Zeichen verschwanden alle.
Fünf Jugendliche stehen nicht weit von unserem Auto entfernt. Ich gehe zu ihnen hin und frage nach der Polizei. Glück gehabt, die kleine Polizeistation ist in Sichtweite.
Die beiden Landcruiser setzen ihre Reise fort, wir setzen unseren Deutz 100 Meter zurück und stehen nun vor dem Polizeigebäude. Jeder vorbeikommende bleibt stehen, es gibt ja was Neues. Die beiden Polizisten sind durchaus neugierig, aber damit ist ihr Tatendrang auch schon erschöpft.
Die Kamera kann nicht weit weg sein. Es sind schließlich nur 200 Hütten im Umkreis, wie der Polizist mir erzählt und in der Zwischenzeit hat kein Minibus gehalten oder den Ort verlassen. Zudem muss es jede Menge Zeugen geben, zwar nur Kinder, aber irgendjemand wird den Dieb beobachtet haben und wie schon die Römer wussten, in jeder noch so eng befreundeten Gruppe gibt es einen Judas.
Wer erinnert sich da nicht an die kleine Schwester, die einen für eine Hand voll Schokotaler ans Messer lieferte?
Ich biete 1.000 Birr für meine Kamera. Wer mir meine Kamera bringt oder der Polizei erzählt wo sie zu finden ist, bekommt umgerechnet 50,- Euro, immerhin ein guter Monatsverdienst, ein Straßen- oder Bauarbeiter verdient 1,10 Euro am Tag. Mich interessieren keine Namen oder Hintergründe, der Deal ist einfach: Kamera gegen Geld. Natürlich erkläre ich noch den rumstehenden Gaffern, dass die Kamera ohne Spezialladekabel wertlos ist, zudem zeichnet sie in einem HD-Format auf, für deren Endcodierung eine spezielle Software auf dem Computer installiert sein muss, die Kamera hat für den Dieb keinen Wert.
Getuschel beginnt, die Nachricht sickert ins Dorf. Beim Anblick der zehn 100 Birr Scheine, mit denen ich auf der Straße wedele, werden selbst die beiden Polizisten aktiv, bewaffnen sich mit Schlagstock und machen sich auf den Weg ins Dorf.
Wir warten beim Auto und ich erzähle jedem Vorbeikommenden, wie schnell man 1000 Birr verdienen kann.

Verhaftungen

Das ging ja schnell, keine halbe Stunde und die Polizisten treiben einen 16jährigen mit dem Stock vor sich her. Dieser wird in eine Art Ziegenstall auf dem Polizeigelände gesperrt und wieder machen sich die Polizisten auf den Weg ins Dorf. Die zweite Verhaftung erfolgt ebenfalls innerhalb weniger Minuten und die Polizisten rücken zum dritten Mal aus. Sie müssen immer drei Leute verhaften, damit der Richter einen aussuchen kann, erklärt mir einer der Polizisten. Inzwischen ist vor der Polizeibaracke das halbe Dorf versammelt. Zwei Frauen schreien und weinen, ältere Männer mit versteinertem Gesicht stehen schweigend, gesenkten Kopfes da, während alle anderen miteinander tuscheln.
Einer der Polizisten klärt uns auf: Einer der Jungendlichen stieg in unser Auto, entwendete Reiseführer und Landkarte, konnte diese jedoch nicht lesen und warf sie wieder ins Auto. Daraufhin stieg Dieb Nr. 2 ins Auto, griff die Kamera und rannte davon. Die Kamera versteckte er unter einem Busch, die Dieb Nr. 3 dort fand und mit nach Hause nahm. Dort ist die Kamera aber nicht zu finden. Keiner weiß, wo sie jetzt ist. Die Polizeihauptstelle ist inzwischen verständigt worden und morgen kommen mehr Polizisten, um alle Dorfbewohner zu befragen. Wir gehen ins Bett, übernachten vor der Polizei auf der Hauptstraße.
Nachts, gegen halb 12 werden wir durch Klopfen an unsere Tür geweckt. Ein Mann, in eine dunkle Decke gehüllt, hat unsere Kamera in der Hand und macht das Zeichen, als würde er Geldscheine zwischen seinen Fingern reiben. Okay, so war der Deal, Kamera gegen Geld und keine Fragen. Der Mann verschwindet im Dunkel der Nacht. Die Kamera funktioniert, keine Movies gelöscht. Perfekt. Ich habe die Kamera noch nicht weggepackt, als es erneut an der Tür klopft. Diesmal die Polizei. Sie möchte die Kamera haben, als Beweisstück für die Gerichtsverhandlung. Schwupp, schon bin ich die Kamera wieder los. Ob hier alles mit rechten Dingen zugeht? Mir kommen Zweifel. Jetzt bin ich Kamera und 1000 Birr los.
Die Nacht haben wir wenig geschlafen. Um sieben Uhr klopft die Polizei, ich muss zum Gespräch. In einer Stunde sollen wir in die Stadt zur Hauptpolizei fahren und dort ein Protokoll aufgeben, auf keinen Fall soll ich etwas von den 1000 Birr und dem nächtlichem Vorfall erzählen, sondern die Polizei hätte die Kamera gefunden. „Warum nicht? Schließlich werde ich die 1000 Birr von dem Dieb zurück fordern, ich bin doch nicht so dumm und werde 1000 Birr verlieren.“ Den Polizisten fällt die Kinnlade runter. Absolute Stille im Raum. Dann sprechen die beiden kurz und plötzlich liegen meine 1000 Birr auf dem Tisch.
Die Geschichte klärt sich auf. Die Polizisten hatten die Kamera gefunden, dann Nachts einen Mittelsmann geschickt, einen Polizeihelfer in Zivil, der die 1000 Birr holen sollte.
Man erinnert mich daran, dass ich gesagt hätte, wer die Kamera bringt, bekomme das Geld.
„Ja, ich habe ja auch mein Wort gehalten und in der Nacht gezahlt.“ „Aber du hast gesagt, keine Fragen.“
Gedanken rasen durch meinen Kopf. Die Chance, das Geld von dem Dieb zu bekommen sind aussichtslos. Ich habe 1000 Birr für meine Kamera versprochen und habe die Polizisten nicht ausgenommen. Hätte ich meine Kamera so schnell zurück, wenn ich keinen „Finderlohn“ in Aussicht gestellt hätte? Jetzt die 1000 Birr nicht zu zahlen, wäre nicht ganz fair.
„Okay, die Polizei hat die Kamera gefunden, ich werde nirgends die 1000 Birr erwähnen und auch nicht vom Dieb zurück fordern. Ab jetzt kein Wort mehr über das Geld.“ Die beiden Polizisten strahlen und umarmen mich diesmal bevor ich ihr „Büro“ verlasse. Übrigens das erste mal, dass mich afrikanische Polizisten „im Dienst“ umarmen.
Die drei Diebe, deren nächsten Angehörigen und die beiden Polizisten nehmen den Linienbus zur Hauptpolizei in die Stadt. Wir folgen mit unserem Deutz dem Bus.
Wieder werden die Diebe in einen Stall gesperrt. Wir fertigen ein Protokoll, anschließend werden die Diebe einzeln verhört und Protokolle werden geschrieben. Drei Mädchen sind ebenfalls aus dem Dorf angereist. Sie sind die Zeugen. Drei Stunden dauert die Prozedur. Wieder weinen und wehklagen die Mütter. Wir haben Mitleid.
Auch die Diebe sind mitleiderregend. Jugendliche zwischen 14 und 16, Söhne armer Bauern, zerlumpte Schuluniform, völlig eingeschüchtert von der Nacht in der Gefängniszelle und dem rüden Auftreten der Stadt-Polizisten.
Jetzt geht es zum Richter. Ein paar hundert Meter weiter ist das Gericht. Der Richter und Beisitzer sind extra wegen uns gekommen, denn es ist Samstag und eigentlich ist das Gericht geschlossen. Aber man macht eine Ausnahme, damit wir schnell unsere Kamera zurück bekommen und weiter können.
Wir dürfen bei der Verhandlung anwesend sein. Wobei es eigentlich keine Verhandlung gibt. Die Diebe waren geständig, der Richter entscheidet nach Aktenlage. Keine einziges Wort brauchen oder dürfen die Angeklagten sprechen. Ab 15 Jahren ist man in Äthiopien voll haft- und strafbar. Die Urteile sind fair: Ein Freispruch, für den, der die Kamera unter dem Busch gefunden und mit nach Hause genommen hat. Eine Verwarnung mit Aktenvermerk für den, der in unserem Auto die Landkarte und Reiseführer entwendet und kurz später wieder ins Auto geworfen hat. Und fünf Monate Gefängnis zur Bewährung, Bewährungszeit 2 Jahre, für den eigentlichen Dieb.

Lalibela

Unser nächstes Ziel ist das Örtchen Lalibela, unzugänglich in der Bergwelt Äthiopiens gelegen. Der Name Lalibela geht auf einen König dieses Namens zurück, der um 1200 lebte und den Auftrag für den Bau der Kirchen gab. Die elf Kapellen und Kirchen, teilweise drei- oder fünfschiffige Basiliken mit Tonnengewölbe, wurden als Monolithe aus dem anstehenden Tuff-Gestein gehauen. Die dem heiligen Georg geweihte, im Grundriss kreuzförmige Kirche aus dem 13. Jahrhundert steht beispielsweise in einem zwölf Meter tiefen Schacht, der durch einen vom Hang her durch den Berg führenden Stollen zugänglich ist. Die teilweise labyrinthisch miteinander verbundenen Gebäude wurden von oben nach unten mit allen Ornamenten aus dem Gestein gemeißelt, und anschließend wurden durch die Türen und Fenster die Innenräume ausgehöhlt und bemalt. Bis heute ist Lalibela eine Pilgerstätte. 1978 wurden die Kirchen in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen.

Lalibela

Lalibela oder Neu-Jerusalem ist eine heilige Stadt und Wallfahrtsort in Äthiopien.

Die Fahrt geht weiter durch die Berge nach Norden. Die von uns gewählte Strecke über die Orte Sekota, Abergele und Abia Adi nach Axum ist einfach grandios. Ständig bleiben wir stehen und fotografieren. Das Leben der Menschen ist karg und einfach, Touristen verirren sich hier nicht hin, viele fürchten Orientierungsprobleme, die schlechten, reifenmordenden Bergpisten, die Steine werfenden Kinder oder einfach nur die Abgeschiedenheit, für uns ist die Strecke eine der Traumstraßen Afrikas.

Axum

In Axum gibt es ebenfalls ein UNESCO Weltkulturerbe zu bestaunen, 200 angeblich gigantische Riesenstelen und 26 gigantische steinerne Plattformen, deren Bedeutung und Funktion ungeklärt ist, so steht es jedenfalls im Reiseführer. Für uns bleibt ungeklärt, warum man diese Stelen und Plattformen als Weltkulturerbe bezeichnet, dann könnte man jeden römischen Scherbenhaufen als Weltkulturerbe bezeichnen. So war die Besichtigung nach 10 Minuten beendet und wir auf dem Weg zur Kaffeezeremonie, eher ein schützenswertes Weltkulturerbe.

Hunger?

Wir sind im Hungergebiet. Die Gegend, durch die wir fahren, war vor ein paar Wochen, in der Vorweihnachtszeit, der Spenden Hochsaison, in den Schlagzeilen. Wir wollen uns ein eigenes Bild machen.
Es geht über staubige Rüttelpisten, endlos, tagelang. Die Ortschaften sehen aus wie Dresden 45 und die Männer verbringen die Zeit mit Tischfussball, Kaffeetrinken oder einfach nur mit rumsitzen.
Entwicklungshilfe aus USAUS-AID liefert die Lebensmittel, die Japaner bauen und unterstützen Schulen, Deutsche bauen Wasserleitungen, Chinesen bauen Straßen, das Rote Kreuz baut Latrinen, UNICEF kümmert sich um die Kinder und Journalisten, die von Hilfsorganisationen zu „Inforeisen“ eingeladen werden, um die Vermarktung. Hungernde Kinder sehen wir zum Glück keine. Enttäuschte Fotojournalisten behelfen sich mit einem kleinen Trick. Kinder die an Tuberkulose oder Malaria im Endstadium leiden, sehen aus wie Hungerkinder. Der Krankenhausdirektor ist gegen eine Spende behilflich, so macht es einer der polnischen Journalisten.
Dafür sehen wir in fast jedem Ort eine relativ große Lagerhalle, mal aus Wellblech mal aus Stein gemauert mit Hinweisschildern von US-AID oder WFP. In zwei Hallen durften bzw. konnten wir hineinsehen. Bis unters Dach voll mit Weizensäcken und Speiseöl aus den USA.
Auf den Pisten begegnen wir zahlreichen Lastwagen ebenfalls voll bepackt mit weißen Säcken mit der Aufschrift US-AID.
Im Cafe lernen wir einen Mann kennen, der sich von allen anderen dadurch unterscheidet, dass er uns nicht anbettelt. Zudem spricht er passables Englisch und er klärt uns auf: „1983 gab es eine Hungersnot, es war eine Katastrophe. Canada und USA haben uns damals geholfen. Ohne die Lebensmittellieferungen wären wir alle verreckt. Seitdem bekommen wir jedes Jahr Lieferungen. Die Lagerhallen sind immer voll. Das ist gut, denn wir haben jetzt keine Angst mehr vor dem Hunger.“
Was er nicht erwähnt ist, dass viele sich inzwischen so sehr auf die jährlichen Lieferungen und die immer vollen Lagerhallen verlassen, dass sie an der harten Feldarbeit und der Eigenversorgung das Interesse verlieren und der Kreis beginnt sich zu drehen.

Aber wer hat Interesse am Hunger?

Aber es gibt auch ein paar, die am Hunger verdienen, z.B. der Präsident von Äthiopien. Alle Hilfslieferungen müssen mit der staatlichen Transportgesellschaft transportiert werden, die etwa 30 % höhere Preise berechnet als private Transporteure es tun. Proteste der größten Geber, der amerikanischen Hilfsgesellschaft hört man keine, denn der Präsident frisst den Amerikanern im wahrsten Sinne des Wortes aus der Hand.
Braucht die USA Manpower, sprich Soldaten, im Süden Sudans, um sich Zugang zu den Ölquellen zu verschaffen, kommen diese aus Äthiopien. Nicht auszudenken, wenn der äthiopische Bauer plötzlich sein Feld bestellen würde. Der Präsident könnte sich nicht an den Hilfslieferungen bereichern und die USA hätten kein Druckmittel mehr. Also der Hunger in Äthiopien muss sein, es hungert ja keiner wirklich.

Burkhard Koch reiste im Alter von 15 Jahren mit dem Fahrrad und Schlafsack frei durch Deutschland. Die Reiseleidenschaft wurde perfektioniert. Heute reist er ständig mit seiner Frau Sabine und einem Allrad-Lkw. Burkhard Koch schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine.

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