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Die Pistenkuh 3.0 - Mercedes 1124 A

Expeditionsmobil: Fahrzeugplanung – die Box / Grundlagen

Die Konstruktion der neuen Pistenkuhbox ist abgeschlossen und von uns freigegeben. Die Produktion der GFK-Leerkabine bei BoXmanufaktur kann beginnen.
GFK in Kombination mit PU-Schaum ist neben Carbon und Alu der ideale Werkstoff für Expeditionsaufbauten. Welches Material haben wir gewählt? Eine kleine Einführung in die Welt der Schäume, Harze und Fasern.

Die leichte, robuste Leerkabine

Alu oder GFK

Seit 2004 leben wir permanent in einer Alu-Kabine, die damals aus einem Aluminium Rahmen gefertigt und mit 3 mm dickem Alublech beplankt wurde. Diese Kabine wurde mit 80 mm (40 mm auf dem Rohrgerüst) isoliert. Den Möbelbau fertigte ich damals ebenso aus Aluminium-Vierkantrohren und 2 mm pulverbeschichtetem Aluminiumblech.
Der Aufbau ist weitestgehend kältebrückenfrei. Insgesamt sind wir nach 21 Jahren Dauernutzung mit dem Alu-Aufbau zufrieden. Kondenswasserprobleme, die uns viele aufgrund der Alumöbel vorhersagten, haben wir keine. Wasserdampf kondensiert ja nicht an ausgesuchten Werkstoffen, sondern an kalten Stellen. Da die Möbel Raumtemperatur haben, gibt es auch kein Kondensat an den Möbeln oder dem Edelstahlherd. Im Winter (-18°) kondensiert der Wasserdampf an den Fensterscheiben (Seitz S4), der Dichtung der Eingangstür und dem Kupferkabel, das von der Solaranlage in den Aufbau führt. Ich vermute, das diese kritischen Stellen auch bei einem GFK-Aufbau die gleichen wären.

Den größten Nachteil von Aluminium sehe ich in dem relativ hohen Gewicht im Vergleich zu GFK. Und das ist für uns der Hauptgrund, die neue Wohnbox aus GFK zu bauen.
Will man eine Alu-Kabine annähernd so leicht bauen wie eine GFK-Kabine mit 2 mm GFK-Außenschicht, müsste die Alu-Außenschicht 1,1 mm dünn sein. Will man sehr leicht bauen und wählt ein gewichtsoptimiertes GFK-Laminat mit 1,1 mm Deckschicht, dann müsste man bei Aluminium, um das gleiche Gewicht zu erreichen, eine Außenhaut von nur 0,6 mm wählen, was mehr einer Alu-Folie statt einem Alublech entspricht.
Bei einer so dünnen Außenhaut treten dann Nachteile auf, die wir bei 3 mm Alublech nicht haben, wie z.B.

– Korrosionsanfällig, besonders bei Kontakt mit Salzwasser oder galvanischer Reaktion. Zusätzliche Beschichtungen sind erforderlich, um Korrosion zu verhindern.
– Weniger stabil und anfälliger für dauerhafte Verformungen bei punktueller Belastung (Hagel).
– Spröder als GFK und daher anfälliger für Ermüdungserscheinungen und Ermüdungsrisse.
– Beschädigungen wie Dellen oder Risse sind schwer zu reparieren und erfordern oft den Austausch der gesamten Platte.

Fazit: GFK ist der Werkstoff, wenn die Kabine leicht werden muss. Bei gleichem Gewicht von Alu und GFK ist GFK weniger anfällig für dauerhafte Verformungen oder Ermüdung und eignet sich besser für Anwendungen mit wechselnden Belastungen, wie sie bei Offroadfahrten auftreten. GFK bietet für Offroadfahrzeuge einen klaren Vorteil in Bezug auf Langlebigkeit, Wartungsfreiheit und Gewicht.

Mit diesem Fazit war für uns die Entscheidung getroffen, GFK als Werkstoff für die Leerkabine des Expeditionsmobils zu wählen.

Jetzt wird es richtig offroad-leicht

Die Spezifikation der Pistenkuh-Kabine

GFK-Sandwich ist nicht GFK-Sandwich. Die Unterschiede sind enorm, sowohl in den technischen Eigenschaften als auch im Preis.
GFK ist die Abkürzung für glasfaserverstärkter Kunststoff.
Ein GFK-Sandwich besteht aus zwei dünnen GFK-Deckschichten (meist 2 mm) und einer Füllschicht aus einem anderen Material, im Kabinenbau in der Regel aus einem Schaum.

GFK-Deckschicht

Das GFK-Deckschicht ist ein Verbund aus Glasfasermatten, Glasfaservlies oder Glasfasergelege und einem Harz als Verbundstoff.
Welche Fasermatten oder Fasergelege verwendet werden, beeinflusst die technischen Eigenschaften des Endprodukts. Ebenso der Glasanteil in den Matten oder Gelegen und welches Harz (Polyester- oder Epoxidharz) verwendet wird.

Für die Pistenkuh wird ein glasgelegeverstärkter duroplastischer Kunststoff als Flachbahn mit erhöhtem Glasgehalt für höchste mechanische Festigkeiten und einem extrem zähelastisches Epoxidharz in einer Stärke von 1,1mm verwendet.

Der Schaum

Mit dem verwendeten Schaum im Inneren des Paneels lassen sich ebenso die Eigenschaften des Sandwich optimieren. Isolationswert, Druckfestigkeit, Wärmeausdehnung und dynamische Belastbarkeit, und für uns nicht unerheblich, das Gewicht, lassen sich durch unterschiedliche Werkstoffe des Schaumkerns beeinflussen.

PU-Schaum

Der Sammelbegriff PU-Schaum vereint verschiedene Varianten, die aus Polyurethan (DIN-Kurzzeichen: PUR) bestehen und im allgemeinen Sprachgebrauch auch als Isolierschaum, Dämmschaum oder Füllschaum bekannt sind. Polyurethane wiederum sind Kunststoffe oder Kunstharze, die je nach Herstellungsverfahren unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. PU-Schäume bieten zahlreiche Vorteile: Sie sind formstabil, extrem druckfest und dabei gleichzeitig sehr leicht. Außerdem schmilzt PU-Schaum unter normalen Umständen nicht.

XPS Schaum

Das Kürzel XPS steht für extrudiertes Polystyrol. Man spricht auch von Extruderschaum. XPS-Schaum ist geschlossenporig, was ihn unempfindlich gegen Feuchtigkeit macht. Bedingt durch die Feuchteunempfindlichkeit ist XPS besonders verrottungsfest, denn wo es keine oder kaum Feuchtigkeit gibt, existiert auch kein Nährboden für Mikroorganismen.

Die zweite besondere Eigenschaft von XPS ist dessen enorme Druckfestigkeit bzw. seine Dauerdruckfestigkeit. Diese Kenngröße gibt an, wie viel Gewicht auf dem XPS als Dauerdruck lasten kann, damit sich das Material innerhalb von 50 Jahren nicht mehr als 2 Prozent staucht. Dieser Wert liegt bei 25 Tonnen je Quadratmeter.
Der Nachteil von XPS-Schaum ist, dass er sehr empfindlich auf Wärme reagiert. Bereits bei Temperaturen von 75°C beginnt er sich zu verformen und schmilzt bei Temperaturen über 93°C.

PET Schaum

Allen im Fahrzeugbau verwendeten PET-Schaumplatten ist gemeinsam, dass sie aus zu 100% recyceltem PET bestehen und diese Schäume auch wieder zu 100% recycelt werden können. PET ist der nachhaltigste Schaum unter den Schäumen.
Die technischen Möglichkeiten bei der Produktion sind vielseitig und so kann der Schaum den geforderten Eigenschaften angepasst werden. Im Fahrzeugbau werden PET-Varianten eingesetzt, die eine hohe Steifigkeit und Festigkeit haben und sehr gut miteinander verklebt werden können.

Welchen Schaum verwenden wir

Wir verwenden in der Box alle drei Schaumarten. Im Dach und in den Wänden verwenden wir einen PUR-Schaum mit einem Raumgewicht von 40 kg/cbm in einer Stärke von 55 mm. Daraus ergibt sich eine Wandstärke von 57,2 mm

An den Stellen, die besondere Festigkeit erfordern, wie z.B. der Türrahmen oder die Abkantung der Wandschräge, wird bei der Sandwich-Herstellung eine Verstärkung aus PET-Schaum eingeklebt.

Im Boden wird XPS Schaum verwendet, der trittstabiler als PU-Schaum ist, aber auch nur ein Raumgewicht von 40 kg/cbm hat.

Andere Kabinenhersteller verwenden XPS Schaum auch in den Wänden. Dies halte ich bei einem Expeditionsfahrzeug für ungeeignet, da sich der Schaum bei Temperaturen von über 75°C Grad verformt.

Das Hitzeproblem

Scheint die Sonne auf die Außenhaut des Mobils, erwärmt sich die Wandfläche. Bei hohen Temperaturen kann sich der Kleber und damit der Schaum von der Deckschicht lösen. Ebenso kann sich Schaum verformen oder auflösen. Wurde der Kleber oder die Klebestellen nicht optimal vorbereitet oder der Kleber nicht gleichmäßig aufgetragen, kann sich die Ablösung auch schon bei niedrigeren Temperaturen einstellen. Von außen sind solche Stellen leicht durch teils großflächige Beulen zu erkennen.
Hier ist die Sauberkeit während der Produktion und die Erfahrung der Mitarbeiter entscheidend.
Einen großen Einfluss auf die Temperatur der Außenfläche hat die verwendete Fahrzeugfarbe.
Helle Farben reflektieren einen größeren Teil des einfallenden Lichts als dunklere Farben. Der Teil des Lichts, der bei dunklen Farben nicht reflektiert wird, wird in Wärme umgewandelt. Bei unserem zweifarbigen Aufbau (silber/violett) ist der Temperaturunterschied bei Sonneneinstrahlung deutlich mit der Hand zu fühlen.
Messungen eines Automobilclubs zeigten, dass nach 2 Stunden Sonneneinstrahlung die Temperatur von weißem Aluminiumblech bei 41,8°C lag, während schwarz lackiertes Aluminium bereits eine Temperatur von 52,3°C hatte.
Doch recherchiert man genauer, kommt man zu ganz anderen Werten:
Wissenschaftler an der University of Georgia im Osten der Vereinigten Staaten veröffentlichten 2010 eine Arbeit, in der sie die Gefahren für Kinder in Fahrzeugen untersuchten und Sonneneinstrahlung im Labor simulierten.

Das Ergebnis: Unter Sonneneinstrahlung bei 25 °C stieg die Temperatur des weißen Lacks nach 20 Minuten auf 55 °C an! Der Lack des schwarzen Fahrzeugs wurde in derselben Zeit sogar 70 °C heiß.
Unter extremen Bedingungen, wie beispielsweise in Wüstengebieten mit intensiver Sonneneinstrahlung, können Metalloberflächen Temperaturen von über 90 °C erreichen. Die Studie als PDF ist hier zum Download: Fahrzeuginnenraumtemperaturen in Abhängigkeit mit der Wagenfarbe

Der HBW

Das Maß der Reflektion gibt der Hellbezugswert an. Die Farbe Weiß hat einen HBW von 100. Schwarz einen HBW von 0.
Als Faustformel kann man sagen, das die Fahrzeuglackierung keinen HBW von kleiner 20 haben sollte. Das Pistenkuh-Violett (RAL 4005) hat einen HBW von 18,87 und ist damit schon im kritischen Bereich.
Allerdings haben wir im jetzigen Alu-Aufbau auch einen PU-Schaum verwendet, den wir einfach mit Pattex-hitzefest an das Aluminiumblech geklebt haben und es hat nach 24 Jahren keinen Schaden genommen. Ich weiß, dass wir mit unserer relativ dunklen, violetten Farbe den Stress auf die Kabine erhöhen, bin aber dennoch recht gelassen, dass der Aufbau von BoXmanufaktur die nächsten 25 Jahre unter der Sonne der Sahara in einem dunklen Farbton übersteht. Hier mal die Tabelle mit den HBW der RAL-Farben: HBW RAL

Die Stabilität

Ist eine Deckschicht von nur 1,1 mm stabil genug für ein Expeditionsmobil?
Die Stabilität wird nicht nur durch die Dicke des Materials gewonnen, sondern auch durch die Art der Verarbeitung. Ein Blick ins Datenblatt zeigt, dass ein glasgelegeverstärkter duroplastischer Kunststoff wie ihn BoXmanufaktur verwendet, fast die gleichen Werte erreicht, wie eine hochwertige 2 mm Deckschicht.

Das Gewicht

Vergleicht man das Gewicht unserer 1,1 mm GFK-Sandwich-Box, mit der üblicherweise verwendeten 2 mm Deckschicht, ist unsere Box etwa 20% leichter.
In Kilo macht das etwa 100 kg aus. Eine übliche Kabine in der Größe 4,5 m x 2,4 m x 2,1 m wiegt ohne Zwischenrahmen, Fenster etc. Rund 520 kg. Unsere leere Box wird etwa 420 kg wiegen.

Der Preis

Leichtigkeit hat ihren Preis. Die stabile 1,1 mm Deckschicht macht die Leerkabine etwa 1.200,- Euro teurer. Oder anders gerechnet: 1 kg Gewichtsreduktion kostet 12,- €.
Nirgends lässt sich im Fahrzeugbau so preiswert Gewicht reduzieren wie beim Kabinenbau.

Gesamtfazit:

Eigenschaften, Qualität und Preis sind bei GFK-Sandwich breit gefächert. Von relativ preiswerten Platten im Nutzfahrzeugbereich (Kühlkoffer) bis hin zu „Hightech“-Platten mit Einlagen aus Carbon im Expeditionsbereich reicht das Spektrum.
Neben den Platteneigenschaften sind die verwendeten Eckprofile, die Kompetenz bei der Konstruktion der Kabine und die Erfahrung bei der Verarbeitung und Verklebung für die spätere Haltbarkeit und Nutzungsdauer entscheidend.
Die Leerkabine ist neben dem Basisfahrzeug und dem Zwischenrahmen das zentrale Element des Expeditionsmobils. An der Leerkabine würde ich keine Abstriche an der Qualität machen, auch wenn es jetzt erst mal teuer wird, eine falsche Entscheidung bei der Wahl des Kabinenbauers lässt sich später nicht mehr revidieren.

Burkhard Koch reiste im Alter von 15 Jahren mit dem Fahrrad und Schlafsack frei durch Deutschland. Die Reiseleidenschaft wurde perfektioniert. Heute reist er ständig mit seiner Frau Sabine und einem Allrad-Lkw. Burkhard Koch schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine.

This article has 2 comments

  1. Christian Hennek

    GFK hat noch einen weiteren Vorteil: elektromagnetische Wellen werden nicht abgeschirmt. Der Betrieb von einem Starlink Dish mit integriertem WLAN Router wie dem Starlink Mini ist mit einer GFK Kabine daher kein Problem.

    Besitzer von einem Kastenwagen aus Blech haben da stets Probleme, auch mit dem WLAN vom Campingplatz was ebenfalls abgeschirmt wird.

  2. Alex

    Sehr schön zusammengestellt – das Thema Lackfarbe wird oft unterschätzt. Ich würde meine nächste Kabine reinweiß lackieren statt Lichtgrau – auch wenn es andere Nachteile hat. Seltsam finde ich den Temperaturanstieg auf 55°C bei weißem Lack im verlinkten Artikel. Das wäre bei Flugzeugen aus Faserverbund problematisch, da bei dieser Temperatur schon eine erheblicher Festigkeitsverlust der Harzmatrix ensteht (mit üblichen Harzsystemen). Reinweiße Lackierungen bei Kunststoffflugzeugen werden erfahrungsgemäß auch im Sommer in Namibia nicht signifikant warm (über Lufttemperatur).

    Wo wir auch schon beim Thema Faserverbundkabine sind. Wenn nicht spezielle, hochtemperaturgeeignete Harzsysteme verwendet werden, tritt bei Erwärmung über 60 Grad ein erheblicher Festigkeitsverlust auf. Kann bei sehr dünnen Laminaten Probleme machen.

    Zum Thema Alu vs GFK:

    „Korrosionsanfällig, besonders bei Kontakt mit Salzwasser oder galvanischer Reaktion. Zusätzliche Beschichtungen sind erforderlich, um Korrosion zu verhindern.“

    Salzwasserkorrosion ist bei Aluminium (z.B. ALMg3) zwar möglich aber wenig relevant. LKW Aluminiumtanks sind z.B. nicht beschichtet. Galavanische Korrosion ist bei Klebekonstruktionen vermeidbar.

    „Spröder als GFK und daher anfälliger für Ermüdungserscheinungen und Ermüdungsrisse.“

    Kommt extrem auf das Laminat an. Wirrfasergelege mit Polyesterharz ist sehr spröde. Ein Gewebe in Epoxydmatrix kann dagegen locker einige Jahrzehnte hoher Belastung ertragen. Genauso aber auch Alumium in geigneter Legierung.

    „Beschädigungen wie Dellen oder Risse sind schwer zu reparieren und erfordern oft den Austausch der gesamten Platte.“

    Richtig – schwer zu repaieren – müssen aber meist nicht repariert werden wenn die Optik nicht stört (so machen wir es bei unser Alukabine). Unsere Alukabine hat 1mm Deckblech – einige tiefere Dellen aber keine Risse vorhanden.

    Was noch ein interessanter Erfahrungswert ist: Unsere Kabine mit 1mm Alublech und 30mm Schaum kühlt nach Sonnenuntergang überraschend schnell ab. Dickwandige GFK Kabinen sind oft Hitzespeicher. Mit einem dünnen GFK Laminat ist man aber wahrscheinlich auch gut dabei bzgl. Abkühlung.

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